Politik

Anwälte schießen gegen "Bild" Wulff: Keine Angst vor Mailbox-Nachricht

Wulff (l.) im Oktober 2011 in einer Transall der Bundeswehr, die ihn nach Kabul (Afghanistan) fliegt.

Wulff (l.) im Oktober 2011 in einer Transall der Bundeswehr, die ihn nach Kabul (Afghanistan) fliegt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Christian Wulff hatte am Wochenende angeblich von einem "Stahlgewitter" gesprochen und damit den Dauerbeschuss durch die Medien gemeint. Jetzt gibt der Bundespräsident seine Deckung auf und bietet der "Bild"-Zeitung die Brust. Über seine Anwälte wirft er der Zeitung vor, nicht die Wahrheit zu sagen. Hat die "Bild" noch einen Pfeil im Köcher?

Der Streit zwischen Bundespräsident Christian Wulff und der "Bild"-Zeitung wird zunehmend auf dem Schlachtfeld der Öffentlichkeit ausgetragen. Nachdem Wulff in seinem Anruf bei "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann bereits von Krieg gesprochen hatte, legte er am Wochenende nach und sprach vor Mitarbeitern angeblich von einem "Stahlgewitter", das bald vorbei sein werde. Mehrere Medien rieten dem Bundespräsidenten nun, seine martialische Bildersprache in Bezug auf die Berichterstattung in der Kreditaffäre zu beenden.

Kommt jetzt "Bild" ihrerseits aus der Deckung?

Kommt jetzt "Bild" ihrerseits aus der Deckung?

(Foto: dapd)

Wulffs Anwälte präsentierten indes ihren neuen Schachzug gegen die "Bild"-Zeitung: Sie widersprachen, das Staatsoberhaupt habe die Berichterstattung über seinen Privatkredit verhindern wollen. Mit seinem Anruf auf der Mailbox von Diekmann habe Wulff den Artikel tatsächlich nur verschieben wollen, sagte Wulffs Anwalt Gernot Lehr im Deutschlandfunk. "Der Bundespräsident wollte diese Berichterstattung nicht verhindern." Es sei ärgerlich, dass der stellvertretende "Bild"-Chefredakteur Nikolaus Blome diese Behauptung erneut aufgestellt habe.

Damit ist die "Bild"-Zeitung ihrerseits am Zug. Ob der Wortlaut von Wulffs Mailbox-Nachricht nun veröffentlicht werde, sei Sache der Medien, so Lehr. "Bild" hatte Wulffs Zustimmung dazu erbeten, die dieser aber nicht erteilte. Man habe im Schloss Bellevue "keine große Angst" vor einer Veröffentlichung, es sei Angelegenheit der "Bild"-Zeitung, diesen Tabubruch zu begehen, sagte Lehr. Bei dem Telefonat habe es sich um ein "Vier-Augen"-Gespräch gehandelt.

"Bild": Wulff ging aufs Ganze

Mit seinem Anruf auf die Mailbox habe Wulff den Artikel "eindeutig" verhindern wollen, hatte Blome am Sonntagabend erklärt. "Der Bundespräsident hat vielleicht das Verschieben als Etappe gesehen, das Verhindern ganz eindeutig als Ziel." Laut Blome sei Wulff ein enormes politisches Risiko eingegangen, indem er sich auf der Mailbox verewigt habe. "Der Präsident ist aufs Ganze gegangen mit einem politischen Risiko, weil er das Ganze wollte, nämlich diesen Bericht zu verhindern."

Der Verlag hatte am Wochenende bestätigt, dass Wulff auch den Chef der Springer AG, Mathias Döpfner, angerufen hatte, um eine Veröffentlichung des Artikels zu seinem umstrittenen Hauskredit zu verhindern.

Merkel will Wulff aushalten

Proteste vor Schloss Bellevue.

Proteste vor Schloss Bellevue.

(Foto: dpa)

Abgesehen vom aktuellen Streit zwischen Wulff und der "Bild"-Zeitung, hatte es noch nie in Deutschland einen Bundespräsidenten gegeben, über dessen Amtsführung in aller Öffentlichkeit so vehement diskutiert wurde wie über Christian Wulff. Am Wochenende versammelten sich hunderte Bürger aus der gesamten Bundesrepublik, um vor dem Schloss Bellevue gegen den Staatspräsidenten zu demonstrieren. Auch das ist ein Novum.

Die Regierungskoalition gab dem Druck insofern nach, als dass Unionsfraktionschef Volker Kauder das Krisenmanagement Wulffs deutlich kritisierte. "Das war wirklich nicht gut", sagte der CDU-Politiker in Berlin. So deutliche Worte wie die des Bundespräsidenten auf der Mailbox eines Chefredakteurs seien "kein Ausweis von Klugheit", so Kauder. Doch schließlich habe sich Wulff für seinen Fehler entschuldigt, was man akzeptieren müsse.

Bundeskanzlerin Angela Merkel will von der Debatte nichts mehr hören. Über ihren Sprecher Steffen Seibert ließ die Kanzlerin wiederholt mitteilen, dass sie nicht mit einem Rücktritt Wulffs rechne. "Die Bundeskanzlerin sieht keine Veranlassung, über eine Nachfolge für das Amt des Bundespräsidenten nachzudenken", sagte Seibert in Berlin. Die Kanzlerin tue dies auch nicht, fügte er hinzu. Merkel werde am Donnerstag an der Spitze des Kabinetts am Neujahrsempfang Wulffs teilnehmen und freue sich auf das Wiedersehen mit dem Bundespräsidenten bei dieser Gelegenheit. Seibert betonte erneut, es gebe keine Absprache der Koalitionspartner für den Fall eines Rücktritts Wulffs.

SPD denkt weiter an Gauck

Nach inzwischen vier Wochen andauernder Debatte über Wulff wegen seiner Kredit- und Medienaffäre hatte sich die Opposition offen über die Wahl eines Nachfolgers ausgesprochen. Kauder lehnte das Ansinnen von SPD und Grünen ab, gemeinsam nach einem neuen Kandidaten zu suchen. In diesem Zusammenhang werden immer wieder die Namen des Bundestagspräsidenten Norbert Lammert und des ehemaligen Umweltministers Klaus Töpfer (beide CDU) genannt.

Joachim Gauck ist überaus beliebt bei den Deutschen.

Joachim Gauck ist überaus beliebt bei den Deutschen.

(Foto: dapd)

Weiterhin ist Joachim Gauck, der 2010 Wulff als Gegenkandidat nur knapp unterlag, im Gespräch. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels verwies erneut auf den ostdeutschen Bürgerrechtler. "Für die SPD gibt es keinen Grund, mit einem anderen Kandidaten als Joachim Gauck in die Gespräche zu gehen", sagte Bartels der Zeitung "Die Welt". Auch Michael Roth, Bundestagsabgeordneter und Generalsekretär der hessischen SPD, sprach sich für Gauck aus. "Joachim Gauck passt in diese Zeit. Er wäre ein Bundespräsident, der weder sich noch das Land blamiert", sagte Roth. Weil Wulff weiter im Amt bleiben werde, seien diese Debatten fehl am Platze, konterte Kauder.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa/AFP/rts

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