Politik

Umstrittene Ehrenpatenschaft Wulff sorgt für Kopfschütteln

Seit Jahren kämpfen Initiativen in Mecklenburg-Vorpommern gegen den Rechtsextremismus. Nun übernimmt der Bundespräsident die Ehrenpatenschaft für das siebte Kind einer Familie, die der rechten Szene zugerechnet wird. Das Thema überschattet seinen Besuch im Norden.

Geltende Praxis: Wulff übernimmt die Patenschaft über das siebte Kind einer Familie. Eine Gesinnungsprüfung ist in solchen Fällen nicht vorgesehen.

Geltende Praxis: Wulff übernimmt die Patenschaft über das siebte Kind einer Familie. Eine Gesinnungsprüfung ist in solchen Fällen nicht vorgesehen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Kurz vor dem Antrittsbesuch von Bundespräsidenten Christian Wulff in Mecklenburg-Vorpommern sorgt eine Ehrenpatenschaft des Staatsoberhaupts für Streit. Wie seit Theodor Heuss üblich, hat Wulff die Patenschaft für das siebte Kind einer Familie in der Nähe von Güstrow übernommen. Der Bürgermeister der Gemeinde Lalendorf, in der die Familie lebt, weigerte sich jedoch, die Urkunde des Bundespräsidenten und die dazugehörenden 500 Euro zu überbringen, weil die Eltern als Rechtsextremisten gelten. Wulff schickte die Urkunde daraufhin per Post direkt an das neugeborene Kind. Der Bürgermeister hat nun massiven Ärger mit den Rechten.

Bei den Patenschaften stehe immer das Kind im Mittelpunkt. Es gehe dabei nicht um die Eltern, begründete das Bundespräsidialamt die Entscheidung. Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin und SPD-Vize Manuela Schwesig warf dem Bundespräsidenten daraufhin vor, er habe sich nicht klar genug von der Gesinnung der Eltern distanziert.

Zivilcourage eines Dorf-Bürgermeisters

Lalendorfs Bürgermeister Reinhard Knaack erntete dagegen für seine Haltung viel Lob, von seiner eigenen Partei, der Linken, aber auch von SPD, CDU, und FDP sowie von der Landesregierung. "Mit ihrer beherzten Entscheidung (...) haben Sie in vorbildhafter Weise Mut und viel Zivilcourage bewiesen", schrieben ihm die demokratischen Fraktionen des Landestags in einem gemeinsamen Brief. Auch Innenminister und CDU-Landeschef Lorenz Caffier würdigte Knaacks "standhaftes Eintreten gegen rechtsextremistisches Gedankengut".

Wulff will am Donnerstag einen Vorzeigebetrieb in Waren an der Müritz, eine Schule, eine Klinik und ein Tourismusprojekt am Fleesensee besuchen. Ein Treffen mit Knaack sei nicht geplant, sagte ein Sprecher des Bundespräsidialamtes. Aber auch sein neues Patenkind wird Wulff wohl nicht sehen.

Rechtsextreme Drohungen

Die NPD, die seit 2006 mit sechs Abgeordneten im Schweriner Landtag vertreten ist, rief zu Aktionen gegen Knaack auf. Am vergangenen Wochenende verteilte ein NPD-Politiker zusammen mit mehreren Kameraden Flugblätter gegen den Bürgermeister in Lalendorf. Dabei drangen sie nach Angaben der Polizei auch auf dessen Grundstück vor. Es kam zu einer Rangelei mit der Polizei, die jetzt wegen Hausfriedensbruchs und Widerstands gegen die Flugblattverteiler ermittelt. Caffier verurteilte die NPD-Aktion scharf. "Das ist eine Vorstufe von Terror", erklärte er.

Knaack, dessen Haus inzwischen unter Polizeischutz steht, ist zu einer Symbolfigur im Kampf gegen den Rechtsextremismus geworden. In zahlreichen Kommunalparlamenten sitzen in Mecklenburg-Vorpommern NPD-Vertreter, mehrere kleine Gemeinden gelten als Hochburgen der Rechtsextremisten. Jahr für Jahr geben Land, Bund und EU mehrere Millionen Euro aus, um die Demokratie im Nordosten Deutschlands zu stärken.

Vorwürfe gegen den Bundespräsidenten

SPD und Linke werfen dem Bundespräsidenten vor, mit seiner Ehrenpatenschaft die Bemühungen um Abgrenzung zu den Rechtsextremisten zu unterlaufen. "Bei Faschismus endet die Staatsräson", meinte der Landeschef der Linken, Steffen Bockhahn. Sozialministerin Schwesig sagte: "Es ist schade, dass sich der Bundespräsident nicht klarer von der demokratiefeindlichen Gesinnung der Eltern distanziert hat." Der Bundespräsident hätte die Eltern direkt auffordern müssen, ihre Kinder demokratisch zu erziehen, meinte die Ministerin. Die Eltern würden ihr Kind mit der Ehrenpatenschaft bewusst politisch instrumentalisieren.

Der SPD-Landtagsabgeordnete Mathias Brodkorb forderte den Bundespräsidenten auf, sich bei seinem Besuch in Mecklenburg mit dem Bürgermeister von Lalendorf zu treffen. Knaack wäre dazu bereit. "Es wäre mal Zeit, offen über die ganzen Dinge zu reden", sagte er.

Quelle: ntv.de, Bernhard Sprengel, dpa

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