Zinsgünstiges Privatdarlehen Wulff überzeugt Kritiker nicht
18.12.2011, 08:27 Uhr
Wulff hörte Weihnachtslieder und lehnte unangenehme Fragen ab.
(Foto: dapd)
Christian Wulff widmet sich - ganz Staatsoberhaupt - der Weihnachtszeit und sieht sich dem Druck seiner Kritiker im Zusammenhang mit dem Privatkredit gewachsen. Er könne das verantworten, sagt der Bundespräsident. Der Opposition reicht das nicht. Sie will endlich klare Antworten.
Die Opposition sieht Bundespräsident Christian Wulff wegen des umstrittenen Privatdarlehens dazu verpflichtet, seine Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Es sehe so aus, als ob Wulffs Freund, der frühere Unternehmer Egon Geerkens, bei der Kreditvergabe "ein kleines Scheingeschäft eingefädelt hat", sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann der "Bild am Sonntag". "Es liegt jetzt an Herrn Wulff, seine Glaubwürdigkeit durch klare Aussagen schnell wiederherzustellen", so Oppermann.
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles brachte sogar indirekt einen Rücktritt Wulffs ins Gespräch."Er sollte jetzt sehr schnell und wirklich offensiv alles auf den Tisch packen. Wenn er das nicht kann, dann allerdings sollte er darüber nachdenken, ob er weiter Vorbild in Deutschland sein kann", sagte Nahles in der ARD.
"Ich kann das verantworten"
indirekt zu dem Privatkredit. "Man muss selber wissen, was man macht und das muss man verantworten", sagte Wulff dem MDR nach der Aufzeichnung einer Fernsehsendung in Wittenberg. "Und das kann ich. Und das ist das Entscheidende." Nach Informationen der "Bild am Sonntag" verließ der Bundespräsident jedoch am Freitagabend ungewöhnlich schnell seinen Platz bei der Weihnachtsfeier im Bundespräsidialamt. "Am Wochenende wird es kritisch genug", habe Wulff gesagt.
Wulff steht wegen eines in Höhe von 500.000 Euro in der Kritik, den er von den vermögenden Eheleuten Edith und Egon Geerkens erhielt. "Das Staatsoberhaupt darf nicht im politischen Zwielicht stehen", sagte der SPD-Vorsitzende in Schleswig-Holstein, Ralf Stegner, "Handelsblatt online". Wulff müsse die neuerlichen Vorwürfe "schnell, eindeutig und vollständig" ausräumen.
Wulff hatte am Donnerstag wegen der Vorgänge um den Privatkredit sein Bedauern ausgedrückt. Am Freitag waren neue Fragen laut geworden. Nach einem Bericht des "Spiegel" kam der Immobilien-Kredit entgegen Wulffs Angaben doch vom Unternehmer Egon Geerkens selbst. Wulffs und Geerkens' Anwälte bekräftigten dagegen, der Kreditvertrag sei mit Geerkens' Frau Edith geschlossen worden, alle Zahlungen seien über ihr Konto erfolgt.
"Die Bürger freuen sich darüber, wenn man sein Amt ausübt, wahrnimmt, ernst nimmt", sagte Wulff dem MDR. Das sei eigentlich das Wichtige, das Wesentliche, "dass man die Dinge bewertet, beurteilt und dann dazu steht und dann auch unterscheidet, wo ist etwas real und wo ist etwas mit sehr viel Staub aufwirbeln verbunden". Das müsse man voneinander trennen.
Alte Fragen, neue Fragen
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt bemängelte in der "Bild am Sonntag", bestimmte Einzelheiten im Zusammenhang mit dem Kredit würden "als angeblich neue Fragen gehandelt". Das führe dazu, dass "durch Verlängerung längst behandelter Fragen das Amt des Bundespräsidenten" beschädigt werde. Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sagte hingegen, die Bürger hätten "ein Recht zu wissen, was war". Das sei "Wulffs Bringschuld".
Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele sagte dem "Focus": "Wenn sich bestätigt, dass Herr Geerkens Verhandlungen mit Herrn Wulff geführt hat und der dies wusste, dann könnte das die Lage völlig verändern." Ströbele: "Dann wird es eng für Herrn Wulff."
Wie Guttenberg
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Erwin Lotter legte Wulff den Rücktritt nahe. "Statt mit präsidialem Glaubwürdigkeitskredit den Menschen in turbulenter Zeit Orientierung zu geben, ist der Bundespräsident gefangen im spitzfindigen Formulierungskampf um seinen Hauskredit", sagte Lotter der dpa. "Der umgehende Rücktritt ist ein Gebot des Anstands und der Verantwortung."
Aus Sicht des Grünen-Fraktionschefs im niedersächsischen Landtag, Stefan Wenzel, sind einige wichtige Punkte noch nicht beantwortet - etwa, über welche Konten das Geld geflossen ist. Diese Fragen würden in einer Sitzung des Ältestenrates des niedersächsischen Landtags am kommenden Dienstag gestellt.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy verglich Wulff mit . Er habe den Eindruck, dass "die ganze Misere dadurch deutlich vergrößert wird", dass "immer nur gerade von den Amtsinhabern, Guttenberg oder Wulff, tagesaktuell das zugegeben wird, was man ihnen nachweisen kann", sagte Edathy, der Mitglied im Rechtsausschuss des Bundestages ist. Guttenberg war im März wegen einer Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit zurückgetreten. Er hatte anfänglich jegliche Schuld von sich gewiesen, dann aber Fehler eingeräumt.
Sorge vor Bank-Azubi
Geerkens beharrte im Gespräch mit dem "Focus" darauf, dass das Darlehen vom Konto seiner Frau stamme. Er habe den Verrechnungsscheck der Bundesbank ausstellen lassen und diesen auch persönlich an Wulff übergeben. Dem "Spiegel" sagte Geerkens, er und seine Frau hätten bei all ihren Konten uneingeschränkte Vollmacht, der Kredit sei auf beider gemeinsames Konto zurückgezahlt worden. Die Ausstellung eines anonymen Bundesbankschecks begründete er so: "Ich wollte nicht, dass irgendein Bank-Azubi sieht, dass so viel Geld von mir an Wulff fließt."
Quelle: ntv.de, AFP/dpa