Heute fällt das Urteil Wulff will den ganzen Sieg
27.02.2014, 06:14 Uhr
Christian Wulff hätte den Prozess durch eine Geldzahlung verhindern können, wollte sich aber den Vorwürfen stellen.
(Foto: dpa)
Zum ersten Mal musste sich ein Bundespräsident a.D. vor Gericht verantworten, nun fällt das Urteil. Nicht einmal der Staatsanwalt fordert eine Verurteilung. Ist Christian Wulff damit entlastet?
Christian Wulff wird wohl bekommen, was er wollte. Nicht nur, dass er am Donnerstag freigesprochen wird - damit rechnen alle, die den Prozess und den Richter Frank Rosenow beobachtet haben. Die Ankläger stehen auch mehr und mehr wie Witzfiguren da, die im Übereifer einem Politiker nachstellten und lauter private Details ans Licht brachten, dabei aber auf nichts juristisch Verwertbares stießen. Wulff hat es genau so gewollt: Er verzichtete darauf, das Verfahren gegen Geldzahlung einstellen zu lassen und nahm den Prozess auf sich, um seine Unschuld zu beweisen. Dass das Urteil schon jetzt und nicht erst wie geplant im April gesprochen wird, macht seinen erwarteten Triumph perfekt.
So will es auch Wulffs zweiter Anwalt Bernd Müssig verstanden wissen: Der Freispruch für seinen Mandanten dränge sich nicht etwa aus dem Grundsatz "in dubio pro reo", also aus Mangel an Beweisen, auf. Das Verfahren hätte vielmehr nie eröffnet werden dürfen.
Seit Mitte November steht Wulff vor Gericht. Der Vorwurf: Er soll sich 2008 in seiner Zeit als niedersächsischer Regierungschef vom mitangeklagten Filmfinancier David Groenewold wissentlich einen Teil der Kosten für einen Oktoberfest-Besuch in München bezahlt haben lassen. 753,60 Euro zahlte Groenewold für Hotel, Essen und Babysitter. Wulff setzte sich anschließend bei der Spitze des Siemens-Konzerns dafür ein, einen Film Groenewolds zu unterstützen. Hat er damit den Einfluss missbraucht, den er als Ministerpräsident hatte? Korruption wird in Deutschland mit Geldstrafen oder bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft. Auch Geschenke zur "Klimapflege" mit Politikern können strafbar sein.
Beweise nicht ausgeschöpft?
Beide Männer bestreiten die Korruption. Groenewold könne gar nicht auf einen Vorteil gehofft haben - schließlich habe er Wulff nie gesagt, dass er für ihn zahlte. Und längst habe er das Geld zurückgezahlt. Zudem betonen beide, wie lange sie schon miteinander befreundet seien. Richter Rosenow ließ mehrfach durchblicken, dass er dieser Argumentation folgen und beide Angeklagten freisprechen wird.
Oberstaatsanwalt Clemens Eimterbäumer klammert sich an einen letzten Strohhalm, um nicht vollständig zu unterliegen: Er fordert keine Verurteilung, sondern eine weitere Beweisaufnahme. Die geprüften Beweise - das sieht auch er ein - belegen kein strafrechtlich relevantes Vergehen. Wenn der Richter keine weiteren Beweise zulässt, wird der Staatsanwalt wohl in Revision gehen und das Urteil von einer höheren Instanz prüfen lassen. "Das Gericht hat die vorliegenden Erkenntnisquellen nicht ausgeschöpft", sagte Eimterbäumer in seinem Plädoyer. Für ihn steht fest: Weitere Zeugen müssen gehört sowie Aktenvermerke und Beweise wie Fotos und Mails im Prozess gewürdigt werden.
Juristisch erlaubt, moralisch bedenklich
Auch wenn die Revision scheitert, wird Christian Wulff sich von den Ermittlungen und der Berichterstattung über ihn wohl nie erholen. Seine Karriere, die lange Zeit reibungslos verlief, war spätestens mit den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft vorbei. Vorausgegangen waren diesen Ermittlungen aber einige Wochen, in denen Verdächtigungen gegen Wulff die Schlagzeilen bestimmten. Berichtet wurde etwa über Urlaube in Italien und auf Sylt, zu denen sich die Wulffs einladen ließen. Offensichtlich hatte der spätere Bundespräsident zumindest wenig Fingerspitzengefühl dabei, Gefälligkeiten anzunehmen - auch wenn Berichte über ein geschenktes Bobbycar lächerlich wirkten. In Erklärungsnot kam Wulff wegen eines Kredits für den Kauf eines Hauses. 2011 hatte er im niedersächsischen Landtag erklärt, keine geschäftliche Beziehung zum Unternehmer Egon Geerkens zu haben - und dabei verschwiegen, dass er sich von dessen Frau Edith 500.000 Euro geliehen hatte.
Als Jurist kann Christian Wulff gut beurteilen, was erlaubt ist und was nicht. Wahrscheinlich wird das Gericht in Hannover nun feststellen, dass er mit den angenommenen Geschenken die Grenzen zum Verbotenen nie überschritten hat. Wie anrüchig diese Geschenke für einen Politiker sind, hat das Gericht nicht geprüft.
Quelle: ntv.de