Range gegen Kronzeugenregelung Zschäpe steht vor Anklage
06.02.2012, 18:53 Uhr
Zschäpe schweigt bislang.
(Foto: dpa)
Die Generalbundesanwaltschaft will noch in diesem Jahr Beate Zschäpe von der Zwickauer Neonazi-Zelle anklagen. Eine Kronzeugenregelung soll in ihrem Fall nicht zum Tragen kommen. In Sachsen zeigt man sich indes verwundert, dass der dortige Verfassungsschutz offenbar nach 2001 nichts mehr über die Terrorzelle wusste.
Für die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe wird es eng. "Wir streben noch dieses Jahr eine Anklageerhebung an", sagte Generalbundesanwalt Harald Range der "Welt". Auf ein Geständnis Zschäpes sei die Bundesanwaltschaft nicht angewiesen.
Die Anwendung der Kronzeugenregelung in Zschäpes Fall lehnte Range erneut ab. "Bei einem Fall, in dem es um zehnfachen Mord geht, tue ich mich schwer damit", sagte er. Die Kronzeugenregelung ermöglicht eine Strafmilderung, wenn ein Verdächtiger aussagt.
Beate Zschäpe lebte jahrelang gemeinsam mit ihren Gesinnungsgenossen von der Zwickauer Neonazi-Zelle, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, im Untergrund. Das aus Thüringen stammende Trio soll nach seinem Untertauchen 1988 die Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) gegründet haben, die für die Morde an neun Migranten und einer Polizistin verantwortlich gemacht wird. Außerdem werden der Gruppe zwei Sprengstoffanschläge in Köln 2001 und 2004 mit insgesamt 23 Verletzten sowie eine Serie von Banküberfällen zur Last gelegt.
Mundlos und Böhnhardt wurden Anfang November vergangenen Jahres nach einem gescheiterten Banküberfall tot in einem Wohnmobil in Eisenach aufgefunden. Zschäpe stellte sich später der Polizei, schweigt bisher aber.
Wie der "Focus" berichtet, überführt ein kriminaltechnisches Gutachten Zschäpe offenbar als Brandstifterin von Zwickau. Chemiker des Landeskriminalamts Sachsen hätten in Zschäpes Socken Rückstände nachgewiesen, die wahrscheinlich von Benzin stammten. Die 37-jährige Zschäpe soll nach dem Tod von Mundlos und Böhnhardt im November 2011 die Wohnung des Trios angezündet haben, um Beweise zu vernichten.
Sachsens Verfassungsschutz ahnungslos
Sachsen Verfassungsschutz hatte laut offizieller Darstellung nach 2001 keine Informationen mehr über die spätere Neonazi-Terrorzelle in Zwickau. Das habe die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) mit großer Verwunderung zur Kenntnis genommen, sagte Ausschussmitglied André Hahn (Linke). Der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Politiker Günther Schneider, empfand die Wissenslücke als "unverständlich und nicht nachvollziehbar."
Die PKK des sächsischen Landtages tagte vier Stunden lang hinter verschlossenen Türen und befasste sich dabei vor allem mit dem Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz zum Zwickauer Terror-Trio. Offene Fragen sieht das Gremium nach den Worten Schneiders bei der - offensichtlich nicht optimalen - Zusammenarbeit zwischen den Verfassungsschutz-Behörden in Thüringen und Sachsen. In Jena war das Terror-Trio einst entstanden, nach seinem Untertauchen 1998 fand es in Zwickau Unterschlupf und konnte von hier aus jahrelang unbemerkt agieren.
Quelle: ntv.de, ghö/AFP/dpa