EU-Kommission hat Fehler gemacht Zulassung von Gen-Kartoffel ist nichtig
13.12.2013, 11:05 Uhr
Sieht ganz normal aus, ist aber gentechnisch verändert: Amflora.
(Foto: picture alliance / dpa)
Mit einem Urteil über eine Kartoffel, die in der EU gar nicht angebaut wird, erhält die Gentechnik-freundliche Politik der EU-Kommission einen Dämpfer. Ein Ende des Gen-Anbaus in Europa ist dennoch nicht in Sicht.
Die Beschlüsse der EU-Kommission zur Zulassung der Gen-Kartoffel Amflora sind vom EU-Gericht in Luxemburg für nichtig erklärt worden. Allerdings argumentierte das Gericht nicht inhaltlich, sondern strikt formal: Die Kommission habe die Verfahrensvorschriften für die Zulassung von genetisch veränderten Organismen verletzt, heißt es in einer Erklärung des Europäischen Gerichtshofs.
Nach einem entsprechenden Antrag des deutschen Konzerns BASF hatte die Kommission 2005 eine befürwortende Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erhalten. Diese Stellungnahme ließ sie, wie es vorgeschrieben ist, von Ausschüssen prüfen, die aus Vertretern der EU-Mitgliedsstaaten bestehen. Später bat die Kommission die EFSA, ihre Stellungnahme noch einmal zu prüfen. Die neue Stellungnahme lag 2009 vor - diese legte die Kommission den Ausschüssen nicht erneut vor.
Genau dies hätte die Kommission jedoch tun müssen, befand die Richter. Nach der ersten Stellungnahme hatten zwar sowohl die Ausschüsse als auch die nationalen Regierungen nicht auf die EFSA-Stellungnahme reagiert. Dennoch urteilte das EU-Gericht, dass das Ergebnis des Verfahrens "wesentlich anders" hätte ausfallen können, wenn die Kommission die Verfahrensvorschriften beachtet hätte. Denn die zweite Stellungnahme der EFSA sei zwar erneut befürwortend gewesen, habe jedoch "erhebliche Unterschiede" zur ersten Fassung aufgewiesen. Sie hätte daher als "inhaltliche Neubewertung" angesehen werden müssen, so das Gericht.
Kartoffel wird gar nicht angebaut
Amflora war 2010 nach einem 13-jährigen Verfahren von der EU-Kommission für den Anbau und zur Verwendung in Futtermitteln zugelassen worden. Nach Angaben der EU-Kommission wird die Kartoffel in der EU jedoch gar nicht angebaut.
Neben dem Genmais MON810 ist Amflora die einzige Genpflanze, deren Anbau in der EU erlaubt ist. Sie ist zudem für die Verarbeitung in Futtermitteln zugelassen. Hauptanbaugebiet von MON810 ist Spanien, in acht Mitgliedstaaten ist der Anbau verboten, darunter Deutschland.
Kommission will Mais auf die Felder bringen
Erst vor einer Woche hatte die EU-Kommission die Mitgliedsstaaten aufgefordert, noch in diesem Jahr über die Zulassung des Anbaus einer weiteren Genmais-Sorte zu entscheiden. Dabei geht es um einen schon 2001 von dem Unternehmen Pioneer eingebrachten Antrag. Danach will Pioneer einen gegen bestimmte Mottenlarven resistenten Mais anbauen.
Bis heute ist der Antrag offen. Dabei hatte die EFSA bereits mehrfach befürwortende Stellungnahmen auch zu diesem Mais abgegeben. Pioneer hat zwei Mal vor Gericht Untätigkeitsklage erhoben, um eine Entscheidung zu erzwingen. Vor wenigen Wochen gab der Europäische Gerichtshof der Firma Recht.
Neue Regel soll Zulassung vereinfachen
Zugleich drängte die Kommission die Mitgliedstaaten zu einer allgemeinen Neuregelung. Diesen Gesetzesvorschlag hat die Kommission bereits 2010 vorgelegt. Mit ihm soll den Staaten ermöglicht werden, den Anbau von Genpflanzen leichter zu beschränken oder ganz zu verbieten. Sie wären dann unabhängiger von Bewertungen des Anbaus durch die EFSA und die Kommission. Wenn die Kommission eine Genpflanze verböte, wäre sie in der ganzen EU verboten. Wenn die Kommission einen GVO jedoch erlaube, könne jeder Staat ihn trotzdem bei sich verbieten. Der Vorschlag der Kommission liegt allerdings seit längerem auf Eis. Neben Deutschland sperren sich auch Frankreich und Großbritannien gegen die Regelung.
Der Streit zwischen Befürwortern und Gegnern der Gentechnik ist seit Jahren unverändert. Kritiker sagen, dass Gen-Pflanzen Gefahren für Tiere und Menschen bergen. Befürworter erklären, diese Pflanzen seien nicht nur sicher, bei ihrem Anbau müssten auch weniger Chemikalien eingesetzt werden.
Quelle: ntv.de, hvo/AFP