Politik

Mauerschützen vor Gericht Zwei Prozesse, zwei Urteile

In Berlin und Dessau sind zwei Prozesse gegen ehemalige Grenzsoldaten der DDR mit gänzlich unterschiedlichem Ausgang zu Ende gegangen. Während das Landgericht Dessau einen heute 59-Jährigen wegen tödlicher Schüsse an der Mauer zu drei Jahren Haft verurteilte, wurden in Berlin drei Männer vom Vorwurf des versuchten Totschlags freigesprochen.

Schuldspruch in Dessau

Die Dessauer Richter sahen es als erwiesen an, dass der Ex-Grenzer am 10. Juni 1976 einen 40-Jährigen beim versuchten Grenzübertritt von West nach Ost bei Bad Harzburg erschossen hatte. Die Kammer, die den Fall als Revisionsprozess behandelte, wertete die Tat jedoch als minderschweren Fall. Im Jahr 2000 war der Mauerschütze in erster Instanz vom Landgericht Magdeburg wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Der Mann habe auf Grund vorauseilenden Gehorsams und in der Hoffnung auf eine Belobigung geschossen, sagte Richter Thomas Knief. Der Angeklagte nahm das Urteil unter Tränen auf. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre Haft gefordert. Die Verteidigung, die auf eine Einstellung des Verfahrens oder eine Bewährungsstrafe plädiert hatte, kündigte an, erneut in Berufung zu gehen.

Freisprüche in Berlin

Das Landgericht Berlin sprach drei ehemalige Grenzer frei, denen gezielte Schüsse auf einen DDR-Schüler zur Last gelegt wurden. Die Tat hätte den Angeklagten "nicht mit letzter Sicherheit nachgewiesen" werden können, begründete der Vorsitzende Richter Peter Markhofer das Urteil. Das Gericht sei nicht von der Unschuld der heute zwischen 59 und 65 Jahre alten Männer überzeugt. "Doch im Zweifel für den Angeklagten", sagte Markhofer.

Die Ex-Grenzer wurden verdächtigt, am 23. Mai 1962 - neun Monate nach dem Mauerbau - insgesamt 121 Schüsse auf den damals 14-jährigen Wilfried Tews abgegeben zu haben. Tews schwamm damals durch den Spandauer Schifffahrtskanal nach West-Berlin. DDR-Soldaten schossen auf ihn, westdeutsche Zöllner erwiderten das Feuer. Der Junge wurde von acht Kugeln aus DDR-Gewehren getroffen und überlebte schwer verletzt. Tews ist heute schwerbehindert.

Einer der Angeklagten bestritt die Tat, die beiden anderen schwiegen zu den Vorwürfen. Als Beweismittel lagen daher nur die Vernehmungsprotokolle von 1962 und die Aussagen der noch lebenden Zeitzeugen vor. Die Staatsanwaltschaft hatte Bewährungsstrafen gefordert, die Verteidiger hatten auf Freisprüche plädiert.

Quelle: ntv.de

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