Krise zwischen Russland und den USA Zwei, die sich nicht leiden können
08.08.2013, 19:07 Uhr
7. Juli 2009, Moskau: Da ist noch viel Luft für Freundschaft.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Barack Obama und Wladimir Putin - seit ihrem ersten Treffen schon stimmt die Chemie nicht. Sie wollen sich einfach nicht mögen. Inzwischen wirkt sich das auch auf die russisch-amerikanischen Beziehungen aus. Hoffnung macht ausgerechnet der Kapitalismus.
Es ist der 7. Juli 2009, als sich Barack Obama und Wladimir Putin zum ersten Mal persönlich begegnen. Obama ist da gerade wenige Wochen im Amt – und stellt sich vor in der Welt. Sich und seine Ideen. Alleingänge der USA will er beenden, sein Land neu positionieren. Durch Taten, sagt der junge Präsident, wolle er die diplomatische und moralische Führungsrolle der USA erneuern, dabei vor allem partnerschaftlich agieren. Als er in Moskau auf den alten Haudegen Putin trifft, ist Obama also schwer beladen. Was besonders drückt: Er hatte noch vor seiner Präsidentschaft unter dem Jubel tausender Berliner das Bild einer atomwaffenfreien Welt skizziert, die er sich wünsche. Und das, so viel ist klar, würde, sofern er es überhaupt ernst meint, niemals ohne den Kreml gehen.
Die Spannung ist also groß vor dem Treffen – nur noch geschlagen von der Ernüchterung, die folgt. Natürlich, sagen die Staatsmänner, sei das Treffen "hervorragend" gewesen und "eine große Chance, die Beziehungen auf stabile Füße zu stellen". Doch hinter den Kulissen ist längst klar: Die beiden verstehen sich nicht. Minutenlang sitzen die Chefs der Supermächte zusammen – schweigend, drucksend. Sympathie sieht ganz klar anders aus. Der humorvolle Feingeist aus den Staaten und der pragmatische Ex-Geheimdienstler aus dem kalten Russland, sie mögen sich nicht. Ihre Gesichter sprechen Bände an dem Tag.
Inzwischen ist das Verhältnis auch offiziell auf dem Tiefpunkt. Obama hat mit seiner Gesprächsabsage an Putin wegen des Snowden-Asyls augenscheinlich das Projekt Neuanfang mit Russland ad acta gelegt. "Mit der Absage streicht der US-Präsident Russland von seiner Prioritätenliste", schreibt die Moskauer Zeitung "Kommersant". Bis zum Abgang Obamas sei mit einer Verbesserung des Verhältnisses nun nicht mehr zu rechnen. Der US-Präsident erhält unterdessen Applaus von den republikanischen Konkurrenten. Die Entscheidung, Whistleblower Edward Snowden einen Flüchtlingsstatus zu geben, sei nicht akzeptabel, sagt etwa Ed Royce, Chef des Auswärtigen Ausschusses im Abgeordnetenhaus. Wie die Spannungen zu überwinden sind, sagt Royce natürlich nicht. Dabei wäre genau das angesagt.
Eine Stufe tiefer
Die Liste der Probleme drängt nämlich. Da ist ja nicht nur Snowden. Da ist noch der geplante europäische Raketenabwehrschild, von dem die Russen sich bedroht fühlen. Seit Monaten stecken die Gespräche der Unterhändler fest, verlieren sich in Detailfragen. Dann gibt es noch den Iran und Nordkorea, die beide mit ihren Atomwaffenabsichten die weltweite Sicherheit gefährden und denen ohne ein geschlossenes Verhalten nicht beizukommen ist. Und Syrien? Russland blockiert, die USA sind alleine hilflos – somit geht das Töten tagtäglich weiter. Doch statt an einem Strang zu ziehen, verheddern sich die Supermächte in Kleinkrieg. Seit geraumer Zeit etwa belegen sie gegenseitig Beamte und Funktionäre mit Einreiseverboten oder verbieten sich die Adoption von Kindern.
Hoffnung, dass Obama und Putin ihre Antipathie überwinden und wieder enger zusammenfinden, bringt da ausgerechnet die Globalisierung. Die Welt, wirtschaftlich viel verflochtener, als sich das die Kontrahenten des Kalten Krieges jemals vorstellen konnten, lässt sich nicht mehr steuern durch Blockaden. Die russische Wirtschaft etwa hofft dringend auf US-amerikanische Investitionen; die USA wiederum können es sich gar nicht leisten, auf den Riesenmarkt zu verzichten. Der immer stärker werdende ökonomische Druck wird dafür sorgen, dass politische Querelen wie die aktuelle nicht mehr ausarten in extrem lange Eiszeiten, in denen gar nichts geht.
Rein praktisch sieht das dann so aus: Die Gespräche finden eine Ebene tiefer statt. In Kürze treffen etwa die Außenminister der beiden Staaten aufeinander, um sich auszusprechen. Das ist weniger aufsehenerregend als ein Spitzengipfel, aber inhaltlich möglicherweise viel wirkungsvoller. So heißt es etwa von russischer Seite, der Streit um Snowden dürfe keinen bleibenden Schaden zwischen Moskau und Washington anrichten. Vielmehr müssten die Präsidenten zweier Atommächte immer gesprächsbereit sein. Und aus amerikanischen Diplomatenkreisen ist zu erfahren, dass die USA es sich nicht leisten werden, den guten wirtschaftlichen Draht nach Moskau zu gefährden. Da klingt doch schon wieder Vernunft durch.
Quelle: ntv.de