Obama und Putin zicken sich an Daten-Sauger USA steht die beleidigte Leberwurst nicht
07.08.2013, 19:22 Uhr
Obama ist sauer.
(Foto: AP)
Natürlich ist Russlands Präsident Putin schadenfroh angesichts der Flucht des Whistleblowers Snowden in sein heimeliges Reich. Doch dass US-Präsident Obama nun patzig wird, ist nicht fair. Er sollte lieber vor seiner eigenen Haustür kehren.
Missstimmung und scharfe Töne: Die spektakuläre Enthüllungs-Causa Edward Snowden sorgt für diplomatische Zickereien zwischen Washington und Moskau. US-Präsident Barack Obama sagt ein Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ab und demonstriert seine Verärgerung darüber, dass "Verräter Snowden" in Putins Riesenreich Zuflucht fand. Doch nicht nur das: Er nutzt die Chance, Putin umfassend zu kritisieren. Handel, Menschenrechte und die Akzeptanz von Homosexuellen – das alles laufe nicht gerade gut in Russland, lässt Obama verlauten.
Davon abgesehen, dass Obama sich angesichts von Guantanamo etwa zu Menschenrechten nicht unbedingt über die Maßen kritisch äußern sollte, wirkt das alles vor allem patzig. Die USA sind beleidigt – und das kann man irgendwie auch verstehen. Snowden, blass, bleich und nicht gerade ein Agent wie aus einem Spielfilm, führt die Weltmacht vor, zeigt das Land als manischen Daten-Sauger, der vor lauter Sicherheitsbedürfnis Freiheit und Freundschaft abschafft. Das ist wohl nicht das Land, dem Hoffnungs- und Friedensnobelpreisträger Obama einst vorstehen wollte.
Doch Obama darf nicht beleidigt sein. Es steht ihm gar nicht zu. Dass ein junger Mann – aus welchem Grund auch immer – zum Whistleblower wird und Unglaubliches enthüllt, muss schlussendlich positiv sein für die Welt. Vielleicht ist Snowden ja gar kein Verräter, sondern doch ein Held. Das jedenfalls, was bisher zu erfahren war über Misstrauen und Kontrollwahn, wirft ein neues oder zumindest lange Zeit ausgeschaltetes Licht auf das internationale Zusammenleben, auf das Gefüge zwischen den Ländern. Und in den meisten wird die Frage aufkommen: Soll das wirklich so sein?
Wer ist hier böse?
Ja, natürlich hat Putin Obama vorgeführt. Allein die Tatsache, dass sich ein US-Bürger verfolgt fühlt und vor den Augen der Welt ausgerechnet in Russland politisches Asyl beantragt, dürfte Putin, dem die unter dem Schild der Freiheit verbündete Nato inzwischen bis an die Grenze gerückt ist, immens gefreut haben. Das alles wirkt wie einen Schelmenstreich angesichts der Erinnerung an den Kalten Krieg, in der die Rollen ja umgekehrt zu sein schienen. Doch Obamas einziges Mittel, der Lage zu begegnen, wäre eine größere Souveränität. Und etwas Demut.
Die Sache mit Snowden ist in den Brunnen gefallen – nun müsste Obama dazu stehen. Und er müsste die Größe haben, den Nadelstichen aus Moskau ausgeglichener, letztlich selbstkritisch zu begegnen. Wenn die USA das Land der Freiheit sind, dann sollte es sich die Freiheit nehmen, über das eigene Verhalten zu diskutieren und es gegebenenfalls zu verändern. Die Gelegenheit ist günstig.
Quelle: ntv.de