Politik

Hält sie einer Klage stand? Zweifel an Hartz-Reform wachsen

Der niedrige Regelsatz soll zur Arbeit motivieren. Doch was hat dieses Kriterium mit einer würdigen Existenz zu tun?

Der niedrige Regelsatz soll zur Arbeit motivieren. Doch was hat dieses Kriterium mit einer würdigen Existenz zu tun?

(Foto: picture alliance / dpa)

Es gibt erhebliche Bedenken, ob die Neuregelung der Hartz-IV-Sätze verfassungskonform ist. Ein neues Gutachten schürt die Zweifel. Es fehle immer noch an der nötigen Transparenz, so das Fazit. Doch genau diese hatten die Karlsruher Richter in ihrem Urteil zwingend eingefordert.

Die Zweifel der Opposition an der verfassungsfesten Neuregelung der Hartz-IV-Sätze haben neue Nahrung bekommen. Eine juristische Analyse kommt zu dem Ergebnis, die Bundesregierung habe mit ihrem Gesetzentwurf die Einwände des Bundesverfassungsgerichts keineswegs vollständig ausgeräumt. Die SPD verlangte Änderungen an der Berechnungsgrundlage der Hartz-IV-Sätze. Auch Linke und Grüne äußerten Kritik.

SPD-Chef Gabriel kann über den Bundesrat mitregieren: Er will die Reform blocken.

SPD-Chef Gabriel kann über den Bundesrat mitregieren: Er will die Reform blocken.

(Foto: REUTERS)

In ihrer vom gewerkschaftsnahen WSI Forschungsinstitut veröffentlichten Expertise weist die Darmstädter Jura-Professorin Anne Lenze darauf hin, dass im Gesetzentwurf der Regierung die verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht stimmig umgesetzt worden seien. So sei die Höhe der Hartz-IV-Regelsätze vor allem mit Blick auf das sogenannte Lohnabstandsgebot festgelegt worden, obwohl dieses nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts keine Rolle mehr spielen dürfe.

Die Juristin kritisierte, mit den geplanten Sachleistungen für Kinder von Hilfeempfängern würden nicht nur die Rechte der Eltern beeinträchtigt, sondern auch deren Kinder stigmatisiert. Auch sei die Orientierung des Grundsicherungsniveaus an den Verbrauchsausgaben der ärmsten Bevölkerungsgruppe - wie von der Regierung praktiziert - kein objektiver Maßstab für ein menschenwürdiges Existenzminimum. Dem gesamten Statistikverfahren mangele es an Transparenz.

Die Bundesregierung hatte die Hartz-IV-Reform nach wochenlangen Debatten auf den Weg gebracht, muss aber nun einen Kompromiss mit der Opposition suchen. Der Regelsatz für Langzeitarbeitslose soll um 5 Euro auf 364 Euro monatlich steigen. Die gut 1,7 Millionen Kinder der Hartz-IV-Bezieher sollen zudem ab 2011 von mehr Bildungsförderung profitieren.

"In den Verfassungsbruch"

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sieht noch großen Verhandlungsbedarf. "Bei der Berechnung des Regelsatzes sind erhebliche Verfahrensmängel da", sagte er. Wowereit kritisierte auch die im Zuge der Reform geplanten Bildungs- und Förderangebote für Kinder. "Wir sind der Auffassung dass mehr in die Infrastruktur investiert werden muss."

Von der Leyen muss einen breiten Kompromiss moderieren.

Von der Leyen muss einen breiten Kompromiss moderieren.

(Foto: dapd)

Durch den Widerstand der Opposition ist eine Kompromisssuche im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag vorgezeichnet, da Union und FDP keine Mehrheit in der Länderkammer haben. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Berechnung der Regelsätze und die Leistungen für Kinder moniert und eine Frist für eine Neuregelung bis Ende des Jahres gesetzt.

Nach Auffassung der Linken steuert die Regierung bei der Hartz- Reform "direkt auf einen Verfassungsbruch" zu. Die sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Katja Kipping, forderte SPD und Grüne auf, mit der Linken gemeinsam eine Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen Hartz IV vorzubereiten.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast forderte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf, Kompromissvorschläge vorzulegen. Die Grünen könnten nur einem verbesserten Bildungspaket und einem korrekt berechneten Regelsatz, ergänzt durch einen gesetzlichen Mindestlohn, zustimmen.

Quelle: ntv.de, dpa

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