Politik

"Bahn auf Verschleiß gefahren" Grube gelobt Besserung

Die Bahn schlingert in vielen Bereichen - auch beim Service für die Reisenden.

Die Bahn schlingert in vielen Bereichen - auch beim Service für die Reisenden.

(Foto: dpa)

Die Bahn fährt nicht so, wie es alle von ihr erwarten – und das ist beileibe nicht nur ein Wetterproblem. Bahnchef Grube verspricht Verbesserungen, allerdings: "Bei der Eisenbahn soll man nie etwas garantieren." Die Landesminister wollen, dass Bahngeld auch für die Bahn verwendet wird. Im Streit um die Dividende des Staatskonzerns bleibt der Bund jedoch hart.

Nach dem Weihnachtschaos soll die Bahn aus Sicht der Länder künftig genügend Geld für den laufenden Betrieb auch bei Eis und Schnee bekommen. Den Bund forderten die Landesminister bei einem Sondertreffen einstimmig zu einer entsprechenden Verwendung der Bahngewinne auf, solange der Staatskonzern nicht genug Finanzmittel für Mindeststandards bei extremem Wetter bekomme.

Bahngeld für die Bahn

Der Bahn fehlten 600 bis 700 Millionen Euro im Jahr, sagte der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Hendrik Hering (SPD). Das habe Bahn-Chef Grube den Ministern bestätigt. Die Bahn sei "auf Verschleiß gefahren", sagte Hering. In einer solchen Situation sei es "nicht angezeigt", 500 Millionen Euro an den Eigentümer Bund zu geben. Dieses Geld müsse dem System Bahn zugutekommen. Die Sparbeschlüsse der schwarz-gelben Koalition sehen vor, dass die Bahn jährlich eine Dividende von 500 Millionen Euro an den Bund überweisen soll.

Im Kreis der Bundesländer gab es aber keine Mehrheit für die Forderung, dass der Bund auf diese Millionen verzichtet. Das Bundesfinanzministerium will hier nicht nachgeben: "Die 500 Millionen Euro, die stehen nicht zur Disposition." Man könne die Winterprobleme nicht mit den Gewinnausschüttungen verknüpfen. Auch Haushaltsexperten von Union und FDP pochten auf die Auszahlung zugunsten des Bundesetats. So blieb es letzten Endes im gemeinsamen Beschluss der Verkehrsminister nur bei der allgemeinen Aufforderung, dass der Bund die notwendigen Finanzmittel "für den im Normalbetrieb erwarteten Qualitätsstandard sowie für den in Extremsituationen definierten Mindeststandard" dauerhaft bereitstellen muss. Solange der Bund dies nicht gewährleisten könne, müssten "eventuell" Gewinne der Deutschen Bahn verwendet werden.

Besserung ohne Garantie

Bahnchef Rüdiger Grube stellte eine weitere Entschädigung für die Kunden der krisengeplagten Berliner S-Bahn in Aussicht. Schon 2010 hatte die Bahn mit Freifahrten im Wert von gut 70 Millionen Euro Wiedergutmachung für die zahllosen Zugausfälle und Verspätungen geleistet. Bahn und Fahrzeughersteller streiten, wer für die Technikpannen verantwortlich ist.

Grube eilte am Montag von einem Krisentreffen zum nächsten - erst war er wegen der S-Bahn im Verkehrsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses, dann musste er den Verkehrsministern Rede und Antwort stehen. Garantien für den nächsten Winter wollte er nicht geben: "Bei der Eisenbahn soll man nie etwas garantieren." Doch die Bahn gebe sich alle Mühe, dass es nicht erneut zu ähnlichen Einschränkungen komme.

Der brandenburgische Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) sagte zu den vielen Zugausfällen: "Wir erwarten, dass solche Dinge abgestellt werden." Grube sei in der Verantwortung. Hinter verschlossener Tür habe es reichlich Kritik am Bahnchef gegeben. Grube habe umfassend über die Probleme berichtet. "Wir werden gemeinsam Druck machen, dass in die Verkehrsinfrastruktur mehr investiert wird", sagte Vogelsänger, der der Länder-Konferenz vorsitzt.

Bahnchef Grube verspricht Verbesserungen; eine Garantie will er aber dafür nicht geben.

Bahnchef Grube verspricht Verbesserungen; eine Garantie will er aber dafür nicht geben.

(Foto: dapd)

Grube warb für Verständnis: Höhere Gewalt wie Blitzeis, die Gefahr fliegender Steine vom Gleisbett und Probleme bei der Stromzufuhr hätten sich überschnitten. Er räumte ein, die Bahn habe derzeit nicht genügend Züge für ein besseres Angebot in Extremsituationen. Die ICE-3-Züge und ICE mit Neigetechnik müssten zehn- bis zwölfmal häufiger in die Werkstatt als geplant. "Das ist ein großer Engpass." Besser werden müsse die Bahn bei der Information der Reisenden. Insgesamt würden binnen fünf Jahren 44 Milliarden Euro investiert, sagte Grube.

Der Bahn fehlen Milliarden

Die Länder zweifeln, ob dieses Geld reicht. Der sächsische Staatsminister Sven Morlok (FDP) betonte, 50 Milliarden müssten es sein; "über Jahrzehnte hinweg" sei bei der Bahn versäumt worden zu investieren. Auch Bundesverkehrsstaatssekretär Klaus-Dieter Scheurle sprach von einem "Investitionsstau". "Ich glaube, wir werden über die 44 Milliarden Euro hinausgehen müssen", sagte Scheurle mit Blick auf die Ankündigungen Grubes. Besonders die Instandhaltung müsse intensiviert, mittelfristig müssten auch Loks und Wagen gekauft werden.

Scheurle wies darauf hin, dass der Bund für Instandhaltung und Neubau der Schienenwege dieses Jahr wieder fast vier Milliarden Euro aufbringe. Die Länder und auch Grube selbst bemängelten dagegen, die Verkehrsinfrastruktur sei insgesamt unterfinanziert. Schienen und Bahnhöfe muss der Bund fast vollständig finanzieren, für Loks und Wagen muss hingegen die Deutsche Bahn selbst aufkommen.

Verärgert zeigten sich die Länder vor allem über die Pannen im Regional- und S-Bahn-Verkehr. Diesen subventionieren sie mit jährlich rund sieben Milliarden Euro, um auch entlegene Gebiete an Metropolen anzubinden und die Tickets für Berufspendler bezahlbar zu halten. "Was sich in den vergangenen Wochen auf den Schienen und Bahnhöfen abgespielt hat, darf sich so nicht wiederholen", mahnte Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner (CDU).

Bahntechnik-Hersteller wehren sich

Der Verband der Bahnindustrie bestritt Fehler der Hersteller. Es sei unverständlich, "wenn in den letzten Tagen immer wieder von konstruktionsbedingten Mängeln bei Zügen des Nah- und Fernverkehrs gesprochen wird". Sowohl die ICE als auch die Berliner S-Bahn-Wagen der jüngsten Generation hätten bis zum Ende der Gewährleistungsfrist bei jedem Wetter ihre Tauglichkeit bewiesen, so der Verband. Erst danach seien Probleme aufgetreten. Bahn-Technikvorstand Volker Kefer sagte dagegen, die Züge wiesen "in zahlreichen Fällen konstruktive Mängel auf". So vereisten Kupplungen und Einstiegstreppen bei Zügen sowohl im Fern- wie im Nahverkehr.

Quelle: ntv.de, hdr/dpa/rts/AFP

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