Merkel ist sich sicher Höherer Schuldenschnitt für Athen
21.10.2011, 11:40 Uhr
Merkel deutet einen höheren Schuldenschnitt für Griechenland an. (Archivbild)
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Politik stellt die Öffentlichkeit auf einen Schuldenschnitt Griechenlands ein, um die Pleite des Landes noch abzuwenden. Die Höhe ist allerdings unklar. Kanzlerin Merkel betont, dass die diskutierten 21 Prozent nicht ausreichen werden. Die Opposition scheitert mit dem Versuch, den Bundestag über den Euro-Hebel entscheiden zu lassen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in der Unionsfraktion offenbar einen höheren Schuldenschnitt für Griechenland als bisher geplant signalisiert. Man nähere sich dem Punkt, an dem die Schuldentragfähigkeit mit einer Reduktion von 21 Prozent nicht mehr ausreiche, sagte Merkel nach Angaben von Teilnehmern vor den Unionsabgeordneten.
Die Kanzlerin warb in der Fraktionssondersitzung für die Verschiebung der Entscheidungen über den Euro-Rettungsschirm EFSF in der EU. Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit, wurde Merkel zitiert. Es reiche noch aus, wenn die Beschlüsse am kommenden Mittwoch kämen. Die Verzögerungen lägen weniger an den Differenzen mit Frankreich als vielmehr an .
Keine Banklizenz für EZB
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bekräftigte nach Teilnehmerangaben in der Fraktion, dass Deutschland der von Frankreich verlangten Banklizenz für den EFSF auf keinen Fall zustimmen werde. Es gebe grundsätzlich eine breite Einigkeit darüber, dass auf der Grundlage der vorliegenden Richtlinien weiter beraten werden solle. Mit einer Banklizenz könnte sich der Fonds - wie eine Bank - Geld bei der Europäischen Zentralbank leihen.
Es gab erneut viele kritische Fragen zu den neuen Regelungen des Rettungsschirms, vor allem aus den Reihen der CSU. Insbesondere der Euro-Skeptiker Peter Gauweiler (CSU) sah sich mit seinen Bedenken bestätigt. Nach Ansicht von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) ist für die Neuregelungen keine Neubefassung des gesamten Bundestags nötig.
In den vergangenen Tagen waren bereits Schuldenschnitt-Werte von 50 Prozent in der Diskussion. Leisten sollen ihn zudem die privaten Gläubiger, also zumeist Banken. Diese müssten sich dafür aber einer Rekapitalisierung unterziehen, die im Notfall auch durch eine Verstaatlichung erreicht werden soll.
EFSF nur im Haushaltsausschuss
Die Opposition scheiterte unterdessen mit dem Versuch, die Abstimmung über Neuregelungen des Euro-Rettungsschirms EFSF vom Haushaltsausschuss in das Bundestagsplenum zu ziehen. Mit Koalitionsmehrheit stimmten die Parlamentarier gegen einen entsprechenden Antrag der Grünen-Fraktion, der von SPD und Linken unterstützt wurde. Nach bisheriger Regelung braucht Merkel lediglich die Zustimmung des Haushaltsausschusses für die Neuregelungen. Umstritten ist dabei vor allem der Hebelmechanismus, mit dem der bisherige Garantierahmen deutlich ausgeweitet werden kann.
Die Opposition hält Merkel mangelnde Transparenz vor. SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte, es solle ein Verlustrisiko beschlossen werden, ohne die Öffentlichkeit ausreichend einzubinden. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach von "Versagen im Regierungsmanagement". So seien die vergangenen Wochen nicht dafür genutzt worden, sich mit Frankreich auf eine gemeinsame Position für den anstehenden EU-Gipfel zu verständigen.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin betonte, dass man bei der Euro-Rettung wohl um eine Erhöhung der Schlagkraft des EFSF nicht herumkommen werde. Sonst könnten Attacken gegen Länder wie Italien und Spanien nicht abgewehrt werden, sagte Trittin im Bundestag.
Der EU-Gipfel soll aufgrund der anhaltenden Meinungsverschiedenheiten über die Ausgestaltung des Euro-Rettungsfonds EFSF zweigeteilt werden: Nach einem ersten Treffen am Sonntag vor allem zu Hilfen für Griechenland soll voraussichtlich am Mittwoch auf einem weiteren Spitzentreffen besonders über die Streitfrage eines sogenannten Hebelmechanismus für den EFSF beraten werden.
Ifo pro deutsche Lösung
Deutschlands Wirtschaft stärkt der Bundesregierung im Fall des EFSF-Hebels den Rücken: "Die französische Lösung können wir nicht mittragen - wir wollen keine Banklizenz für den EFSF. Aber so eine Art Teilkasko-Komponente könnte also durchaus die Märkte beruhigen", sagte Gernot Nerb, Chefvolkswirt des Münchner Ifo Instituts, zu n-tv.
Commerzbank-Chef Martin Blessing sprach sich als erster deutscher Top-Banker für einen offiziellen Staatsbankrott Griechenlands aus und stellte auch die Auszahlung der nächsten Hilfstranche für Griechenland in Frage. "Griechenland braucht einen Schuldenschnitt. Es reicht nicht, nur Abschreibungen in den Bankbilanzen vorzunehmen", sagte Blessing der "Bild"-Zeitung. Griechenland müsse selbst seine Zahlungsunfähigkeit erklären.
Quelle: ntv.de, bad/dpa/AFP