Politik

Eid auf die Scharia Ägyptens Parlament tagt erstmals

Am ersten Sitzungstag sind  noch nicht allen die parlamentarischen Gepflogenheiten bewusst.

Am ersten Sitzungstag sind noch nicht allen die parlamentarischen Gepflogenheiten bewusst.

(Foto: dpa)

Zum ersten Mal nach dem Sturz von Diktator Mubarak kommt das demokratisch gewählte Parlament in Ägypten zusammen. Bei der Sitzung geht es drunter und drüber. Islamistische Abgeordnete wollen die Formel für den Verfassungseid ändern und fügen einen Schwur auf die Scharia ein. Fast drei Viertel der Deputierten gehören islamistischen Parteien an.

In Ägypten ist erstmals ein Mitglied der ehemals verbotenen Muslimbruderschaft Parlamentspräsident. "Wir kündigen dem ägyptischen Volk und der ganzen Welt an, dass die Revolution weitergeht", sagte Saad Al-Katatni (59) Kairo während der konstituierenden Sitzung des ersten frei und demokratisch gewählten Parlaments in der Geschichte Ägyptens.

Rund 70 Prozent der 508 Abgeordneten gehören islamistischen Parteien an, die erst nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Husni Mubarak im Februar 2011 gegründet worden waren. Dagegen bekamen Frauen, Christen und die sogenannte Revolutionsjugend nur wenige Mandate. Die konstituierende Sitzung verlief turbulent.

Gedenken an die "Märtyrer der Revolution"

Die Abgeordneten stritten sich beispielsweise über die Vereidigung. Mehrere Abgeordnete wollten den Eid auf die Verfassung nicht mit der vorgeschriebenen Formel ablegen. Ein Islamist fügte einen Hinweis auf das islamische Recht ("Scharia") ein. Ein anderer Abgeordneter schwor auf die "Märtyrer der Revolution des 25. Januar".

Geleitet wurde die erste Parlamentssitzung nach der Entmachtung von Mubarak vom Alterspräsidenten Mahmud al-Saka von der liberalen Wafd-Partei. Er rief die 508 Abgeordneten zu Beginn auf, der "Märtyrer der Revolution" zu gedenken, die im vergangenen Jahr während der Massenproteste gegen Mubarak getötet worden waren. Gleichzeitig lobte er die Rolle der Militärführung, die nach Mubaraks Rücktritt die Macht übernommen und eine Übergangsregierung eingesetzt hatte.

70 Prozent der Abgeordneten stammen aus den Reihen der islamistischen Parteien. Stärkste politische Kraft ist mit 47 Prozent die Partei für Freiheit und Gerechtigkeit (FJS), die aus der Muslimbruderschaft hervorgegangen ist. Diese bezeichnet sich selbst als moderat islamisch. 24 Prozent entfallen auf die radikalen Islamisten der Partei des Lichts. Nur rund zwei Prozent der Abgeordneten sind Frauen. Zehn Abgeordnete gehören der christlichen Minderheit an, die etwa zehn Prozent der mehr als 83 Millionen Ägypter ausmacht.

Parlamentspräsident kennt die alten Zeiten

Ein großes Aufgebot von Sicherheitskräften sicherte die Straßen rund um das Parlament. Das Parlamentsgebäude liegt in der Nähe des zentralen Tahrir-Platzes in Kairo, wo die Gegner Mubaraks im vergangenen Jahr so lange demonstriert hatten, bis dieser seinen Rücktritt erklärte.

Zum Parlamentspräsidenten wurde erwartungsgemäß der Generalsekretär der Partei der Muslimbruderschaft, Al-Katatni, gewählt. Der 59-Jährige ist Naturwissenschaftler, hat sich aber intensiv mit dem Islam beschäftigt. Für seine Überzeugung saß er zu Zeiten Mubaraks im Gefängnis.

Al-Katatni hat auch Erfahrung im alten ägyptischen Parlament gesammelt. Er gilt als pragmatischer Politiker. Da die Muslimbrüder bis zum Sturz Mubaraks keine eigene Partei gründen durften, kandidierte er früher als Unabhängiger. Als die Muslimbrüder dann im Juni 2011 die Partei für Freiheit und Gerechtigkeit gründeten, machten sie Al-Katatni zum Generalsekretär.

Quelle: ntv.de, dpa

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