Schwabe mischt die Grünen auf "Dann helfe ich, liebe Leute in Berlin"
30.03.2012, 11:09 Uhr
Werner Winkler tritt an.
(Foto: privat/Werner Winkler)
Werner Winkler ist der Mann, der die Grünen zur Urwahl zwingt, indem er selbst kandidiert. Was die Berliner Parteiführung ärgern dürfte, hält der 47-jährige Schwabe für einen Akt der Demokratie. Im n-tv.de-Gespräch erklärt der Ortsvorsitzende der Grünen Waiblingen, warum er antritt: "Es kann ja ruhig auch ein Normalo sein, das finde ich an sich eine schöne Idee."
n-tv.de: Herr Winkler, Sie haben Ihren Hut in den Ring geworfen für die Spitzenkandidatur der Grünen. Aus welchem Grund?
Werner Winkler: Ich habe gelesen, dass sich Claudia Roth bewirbt und gleichzeitig sagt, dass es nur eine Urwahl gibt, wenn es mehr als zwei Kandidaten gibt. Und da ich es toll fände, wenn es endlich so eine Urwahl geben und die Mitglieder mehr beteiligt würden, habe ich gesagt: Dann helfe ich euch doch, liebe Leute in Berlin. Dann bin ich halt der Dritte.
Rechnen Sie sich echte Chancen aus?
Es kommen schon die ersten Mails, die meine Kandidatur unterstützen. Ich bin völlig verblüfft. Aber warum nicht? Es kann ja ruhig auch ein Normalo sein. Die Grünen sind eine Mitgliederpartei, die sehr von der Basis lebt. Da würde ich es schon gut finden, wenn irgendjemand, der nicht ständig in der ersten Reihe steht, als Gesicht der Partei auftritt. Das muss ja auch nicht meine Person sein. Aber an sich finde ich das eine schöne Idee.
Viele sagen, diese Urwahl sollte vermieden werden, weil das nach Streit riecht. Was entgegnen Sie?
Die Dortmunder Fußballer sind deshalb so gut, weil es Konkurrenz und fairen Wettbewerb gibt. Eine Urwahl hat mit Streit nichts zu tun. Man kabbelt sich halt, aber letztlich geht es in einer Demokratie darum, dass diejenigen, die am geeignetesten wirken - ob sie es sind oder nicht - in die entsprechenden Positionen kommen. Und zu einer Demokratie gehört auch: Wer antritt, kann verlieren. Ich finde, Herr Trittin ist ein toller Politiker, dem würde ich jederzeit ein Auto abkaufen. Ich finde auch Frau Roth okay. Es geht ja nicht darum, dass ich gegen diese Personen bin. Sondern ich möchte eine Alternative bieten, so dass es auch eine Wahl ist.
Unabhängig von Ihrer Person: Wer wäre Ihnen als Spitzenduo der Grünen denn am liebsten?
Wenn ich die einzige Stimme hätte, dann würde ich Renate Künast und Boris Palmer nehmen. Aber das liegt ja zum Glück nicht in meiner Hand. Ich finde, Künast ist einfach eine tolle Frau, die hat Pep, ich habe sie mehrmals gehört, auch bei der letzten Delegiertenkonferenz. Die weiß, wovon sie spricht. Die wäre auch eine gute Arbeitsministerin. Und Palmer ist ein jüngerer Politiker von hier, ich kenne seinen Vater noch. Mit Palmer schreib ich ab und zu auch mal noch. Der weiß auch, was er will und er setzt wirklich gute Sachen um als Oberbürgermeister in Tübingen.
Sie selbst sind erst seit relativ kurzer Zeit bei den Grünen, seit 2011. Was hat Sie zu dieser Partei gebracht?
Die Frage muss eher lauten: Wer hat mich zu den Grünen gebracht? Das war eine Kombination aus Stefan Mappus und Winfried Kretschmann. Ich war selbst im Stuttgarter Schlosspark am 30. September 2010 [der Tag, an dem die Polizei das Gelände gegen den Widerstand von Stuttgart-21-Gegnern räumte, d. Red.] und bin schön durchnässt worden von den Wasserwerfern. Da habe ich mir gesagt, es kann nicht sein, dass Menschen wie Mappus die Politik dominieren. Da muss man das Gegengewicht stärken. Und Herrn Kretschmann fand ich einfach einen seriösen Mann, dem ich glaube, was er sagt. Da habe ich mir gesagt: Ich trete in seine Partei ein und helfe ein bisschen mit.
Es ist ja ungewöhnlich, dass man gleich im ersten Jahr zum Ortsvorsitzenden wird. Oder ist Ihr Ortsverband noch ganz neu?
Nein, den gibt es seit 30 Jahren, das war einer der ersten. Wir haben 30 Mitglieder. Wie der Herr Kretschmann so schön gesagt hat: Wenn das Amt zum Mann kommt, dann muss man es annehmen. Und ich wollte es eigentlich nicht. Aber gut, wenn man mir das zutraut, dann mache ich es. Und ich nehme die Verantwortung auch ernst.
Jetzt geht es in die Urwahl. Hier Ihre Gelegenheit zu einer Bewerbungsrede …
Bei den Grünen spricht man immer von den Flügeln. Es ist schon gut, wenn ein Vogel Flügel hat, aber er braucht auch ein Herz und ein Hirn. Und ich sehe mich als einen Kandidaten der Mitte und würde gerne zwischen Herz und Hirn vermitteln. Da wäre ich als unbelasteter Kandidat gut geeignet, ich habe zu keinem der Flügel eine besondere Affinität. Ich finde jeden toll, der sich in einer demokratischen Partei engagiert - speziell bei den Grünen.
Mit Werner Winkler sprach Johannes Graf
Quelle: ntv.de