Die ungeliebte Steuerreform FDP für zeitliche Streckung
22.03.2010, 17:45 UhrSeit Monaten ringt die schwarz-gelbe Koalition um eine Steuerreform. Nun kündigt FDP-Chef Westerwelle an, dass seine Partei notfalls doch bereit sei, die vereinbarten Steuersenkungen in zwei Stufen umzusetzen. Die Kanzlerin bleibt vage, Ministerpräsident Rüttgers findet dagegen klare Worte.

Westerwelle bleibt bei seiner Steuerreform - wenn auch zeitlich gestreckt.
(Foto: AP)
Sieben Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hat FDP-Chef Guido Westerwelle in Sitzungen der FDP-Gremien angekündigt, dass seine Partei nun notfalls doch bereit sei, die vereinbarten Steuersenkungen in zwei Stufen umzusetzen. "Das Ganze muss zeitlich aufgefächert werden", so Westerwelle.
Das Volumen der Entlastungen soll nach den FDP-Vorstellungen bis zum Ende der Legislaturperiode bei 16 bis 19 Milliarden Euro jährlich bleiben. Mit bereits beschlossenen Entlastungen sollen es jährlich 24 Milliarden werden. Die Liberalen seien bereit, nach der Vorlage der Steuerschätzung Anfang Mai und noch vor der NRW-Wahl am 9. Mai das Steuerkonzept mit der Union zu vereinbaren, sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner.
Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich vage zu möglichen Steuersenkungen. "Wir müssen alle Kraft darauf lenken, dass wir die Vorgaben der Schuldenbremse möglichst vernünftig einhalten", sagte sie auf dem kleinen Parteitag der CDU in Berlin. Zugleich betonte sie, sollte es Steuerentlastungen geben, dann vor allem für kleine und mittlere Einkommen "Wenn wir die Möglichkeit haben, Steuern zu senken, dann muss das in diesem Bereich geschehen." Am Wochenende hatten angesichts der prekären Haushaltslage vor massiven Steuerentlastungen gewarnt.
Rüttgers: Keine Steuersenkung in diesem Jahr
Die Bundesregierung wird nach Ansicht des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers noch vor der NRW-Wahl klarmachen, dass es in diesem Jahr keine große Steuersenkung geben wird. "Es kann nicht sein, dass Kommunen Kindergärten nicht ausbauen können, Schwimmbäder schließen müssen für Steuersenkungen, für die kein Geld mehr ist", so der CDU-Politiker.

Spricht Rüttgers aus, was Merkel meint?
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Rüttgers will wie Merkel den finanziellen Handlungsspielraum der Kommunen ausweiten. Merkel forderte hierfür eine mutige Reform. Bei den Ausgaben bereitete sie die Bundesbürger auf Abstriche vor. "Wir müssen uns von bestimmten Besitzständen, von Standards trennen. Darauf haben die Kommunen ein Anrecht." Details nannte sie nicht.
Schäuble wirbt für Sparkurs
Zuvor hatte bereits Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die Notwendigkeit eines breit angelegten Sparkurses betont. "Wenn gekürzt wird, dann müssen Bürger und Unternehmen gleichermaßen belastet werden", zitierte das "Handelsblatt" einen Mitarbeiter des Finanzministeriums. Dies habe der Minister vorgegeben. "Ansonsten bekommen wir keine öffentliche Akzeptanz." Schäuble habe seine Beamten angewiesen, überflüssige Subventionen aufzulisten und Vorschläge zu machen, in welchem Zeitraum sie gekürzt werden könnten. Die FDP hatte bereits angekündigt, sämtliche Subventionen kämen auf den Prüfstand. Vor diesem Hintergrund bekommen die von Schwarz-Gelb geplanten Steuererleichterungen eine besondere Brisanz.
In den Koalitionsfraktionen kursierten bereits erste Entwürfe für Streichlisten, hieß es in dem Bericht weiter. "Es gibt keine Tabus", sagte FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke der Zeitung. Sein CDU-Kollege Norbert Barthle gehe davon aus, dass viele politische Ziele, die vor der Wirtschaftskrise festgelegt worden seien, aufgegeben werden müssten.
Nach wochenlangen Beratungen und viertägiger Schlussdebatte hatte der der schwarz-gelben Koalition verabschiedet. Ab 2011 müssen allein zur Einhaltung der Schuldenbremse im Grundgesetz pro Jahr zehn Milliarden Euro gespart werden. Ein Sparpaket soll im Sommer vorgelegt werden - nach der NRW-Wahl.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/rts/AFP