Sparen bleibt ein Wort Rekord-Defizit verabschiedet
19.03.2010, 13:52 Uhr
Die Koalitionn feiert ihren Abstimmungserfolg.
(Foto: APN)
Der Haushalt 2010 ist beschlossene Sache. Er sieht mit 80,2 Milliarden Euro die höchste Neuverschuldung in der bundesdeutschen Geschichte vor, doppelt so viel wie wie beim bisherigen Schuldenrekord 1996. Finanzminister Schäuble kündigt einen harten Sparkurs an - wie der aussehen soll, bleibt weiter unklar.
Nach wochenlangen Beratungen und viertägiger Schlussdebatte hat der Bundestag den ersten Haushalt der schwarz-gelben Koalition verabschiedet. In namentlicher Abstimmung votierte das Parlament mehrheitlich für den Etat 2010 mit Ausgaben von insgesamt 319,5 Milliarden Euro und einer Rekord-Neuverschuldung von 80,2 Milliarden Euro. Damit wird ein Viertel der Bundesausgaben in diesem Jahr auf Pump finanziert. Dem Haushalt muss in der kommenden Woche noch der Bundesrat zustimmen.
Kurz vor der Schlussabstimmung hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) das Volumen der Ausgaben und der neuen Schulden noch einmal mit Verweis auf die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise verteidigt. Zugleich bekräftigte er seine Absicht, die "zu hohe Neuverschuldung" in den kommenden Jahren drastisch zurückzufahren.
Wie er dies tun will, verriet Schäuble erneut nicht. Er kündigte einen "ehrgeizigen" Finanzplan an. "Wir werden die Schuldenbremse erfüllen müssen", sagte der Minister im Bundestag. Allein das bedeutet, pro Jahr mindestens zehn Milliarden Euro einzusparen. Im nächsten Jahr seien die Anstrengungen noch vergleichsweise gering. Sie nähmen aber 2012 zu und würden 2013 noch größer. Damit werde auch der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt erfüllt.
"Ungewöhnliche Herausforderungen"

Schäuble und Merkel wollen sparen. Ab 2011.
(Foto: dpa)
Schäuble sprach von ungewöhnlichen Herausforderungen und anstrengenden Aufgaben. In einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld müssten schrittweise die Wettbewerbsfähigkeit verbessert und gleichzeitig die Neuverschuldung reduziert werden - und dies vor dem Hintergrund einer älter werdenden Gesellschaft. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte dies als "Herkules-Aufgabe" bezeichnet, "weil wir eigentlich Unvereinbares zusammenbringen müssen". Die Koalition will weitere Milliarden-Steuersenkungen sowie den Umbau der Krankenversicherung finanzieren.
Der Finanzminister wies Kritik aus dem Ausland an der hohen Exportquote Deutschlands erneut zurück. Frankreich, der Internationale Währungsfonds (IWF) sowie einige Euro-Länder fordern, dass Berlin seine Handelsüberschüsse abbaut und die Binnenkonjunktur ankurbelt. Die Bundesregierung verweist auf die beschlossenen Steuerentlastungen.
Rekord von 1996 verdoppelt
Der Haushalt sieht die höchste Neuverschuldung in der bundesdeutschen Geschichte vor - die 80,2 Milliarden Euro sind rund doppelt so viel wie beim bisherigen Schuldenrekord 1996. Die Kreditaufnahme könnte am Ende sogar auf bis zu 100 Milliarden Euro klettern, wenn Kosten aus dem Konjunkturpaket II und dem Bankenrettungsfonds zu Buche schlagen.
Die Opposition wirft der Koalition vor, die Bürger im Unklaren zu lassen und mit der Wahrheit erst nach der Nordrhein-Westfalen-Wahl im Mai herausrücken zu wollen. Offiziell begründet die Koalition ihr Schweigen mit dem Warten auf die Steuerschätzung, die wenige Tage vor der NRW-Wahl stattfindet.
38,9 Milliarden für die Schulden
Größter Einzeletat ist der Haushalt des Arbeitsministeriums mit 143,2 Milliarden Euro. Allein der Zuschuss zur Rentenkasse beträgt über 80 Milliarden Euro. Auf dem zweiten Platz folgen die Zinsausgaben: Für den Schuldenberg des Bundes von über einer Billion Euro werden 2010 Zinsen von 38,9 Milliarden Euro fällig. An dritter Stelle steht der Verteidigungsetat mit 31,1 Milliarden Euro.
In der namentlichen Abstimmung sprachen sich 313 Abgeordnete für den Etat aus, 256 waren dagegen. Der Haushalt hatte sich wegen der Bundestagswahl und des Regierungswechsels verzögert. Der Bundesrat berät am nächsten Freitag. Mitte April soll der Haushalt dann in Kraft treten. Dann sind auch die vorläufige Haushaltsführung und die bisherige Ausgabenbegrenzung beendet.
Kritik an Röslers Reformen
In der abschließenden Debatte über den Etat von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) warnte dieser vor "Notreparaturen" und verteidigte die angestrebte umfassende Reform der Gesundheitsfinanzierung. "Statt Flickschusterei brauchen wir endlich ein solides Finanzierungsfundament für die gesetzliche Krankenversicherung." Er bekräftigte sein Ziel, lohnunabhängige Beiträge zur Krankenversicherung einzuführen. Dies werde letztlich zu mehr Gerechtigkeit führen. Der Minister räumte aber ein, dass das System "nicht von heute auf morgen" verbessert werden könne. Die Regierung werde "Schritt für Schritt" vorgehen.
Die Opposition übte erneut scharfe Kritik an der geplanten Kopfpauschale. Diese sei "die Abrissbirne des bestehenden Sozialsystems", sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Er bemängelte, dass die Einzelheiten des von Rösler angekündigten Sozialausgleichs noch völlig unklar seien.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts