Letzter Händedruck Abschied der Grenzbeamten
21.12.2007, 18:57 UhrEin letzter Händedruck bei eisigen Temperaturen am Grenzübergang im oberfränkischen Schirnding. Alfred Krüger und sein tschechischer Kollegen Jindrich Müller verabschieden sich für immer. Beide bleiben zwar bei der Polizei, doch die gemeinsamen Zeiten an der deutsch-tschechischen Grenze sind vorbei. Wenige Minuten später sperren der bayerische Staatssekretär Jürgen Heike (CSU) und der oberfränkische Polizeipräsident Gerhard Bauer die Türen der Grenzpolizeiinspektion Schirnding für immer zu.
Doch die Stimmung ist keinesfalls eisig, eher gelöst. Ein kleines bisschen kommt sogar Silvesterstimmung auf. Nach fast 30 Jahren am Grenzübergang Schirnding beginnt für Alfred Krüger die letzte halbe Stunde Dienst. Als er 1978 hier anfing, waren die Kontrollstellen der beiden Staaten einen Kilometer auseinander. "Zusammenarbeit gab es kaum." Doch dann kam das Jahr 1989, mit ihm der Fall des Eisernen Vorhangs. Und seit einigen Jahren kontrollieren Deutsche und Tschechen gemeinsam. Inzwischen spricht der 53-Jährige selbst ein paar Worte tschechisch. Und Krügers tschechischer Kollege Jindrich Müller, der seit 13 Jahren an der Grenze stand, fühlt sich ein bisschen wehmütig.
Sektkorken und Wunderkerzen
Rund 150 Meter vom Grenzübergang entfernt wartet auf tschechischer Seite ein Autofahrer die wenigen Minuten bis Mitternacht noch ab. Umringt von zahlreichen Kameras und Mikrofonen fährt der junge Tscheche nach Deutschland, ohne dass sich irgendjemand für seinen Ausweis interessiert. Ein paar Meter weiter knallen die ersten Sektkorken, Wunderkerzen erhellen die Nacht und schaffen einen kurzen Augenblick lang sogar ein bisschen romantische Stimmung.
Doch nicht allen Anwesenden ist zum Feiern zumute. Mirjam Weber vom Verein Karo befürchtet mit der Grenzöffnung einen Anstieg der organisierten Kriminalität. Karo kämpft seit 13 Jahren gegen die Zwangsprostitution. "Der Frauen- und Kinderhandel von Osteuropa in den Westen wird vereinfacht", befürchtet Weber.
Staatssekretär Jürgen Heike (CSU) vom bayerischen Innenministerium teilt diese Befürchtung nicht. Die Schleierfahndung werde intensiviert, sagt er. "Da werden sich noch einige wundern, wie zielgerichtet wir kontrollieren." Selbstverständlich gebe es bei Neuerungen immer Sorgen und Bedenken. Aber der Wegfall der Grenzkontrollen sei auch eine Chance und Herausforderung, die es anzunehmen gelte. Heike erinnert auch den historischen Moment dieser Nacht. "Es gibt keine Passkontrollen mehr und das ist doch ein gutes Zeichen."
Von Christoph Gahlau, dpa
Quelle: ntv.de