Dossier

"Staat der Vetternwirtschaft" Angola hat gewählt

Angola hat gewählt - zum zweiten Mal seit der Unabhängigkeit von Portugal 1975. Überraschungen blieben in dem ölreichen einstigen Bürgerkriegsland erwartungsgemäß aus. Nach einer vor allem in der Hauptstadt Luanda von Problemen überlagerten Abstimmung steuert die regierende MPLA auf eine satte Zwei-Drittel- Mehrheit zu, die ihr Verfassungsänderungen nach Belieben erlaubt. "Angola ist nun ein demokratisch abgesegneter Staat der Vetternwirtschaft", meinte dazu die südafrikanische Sonntagszeitung "Sunday Independent".

Der seit knapp 30 Jahren regierende Präsident Eduardo dos Santos, seine Frau, seine Tochter - sie alle haben ihre Parlamentsmandate bereits sicher, da sie die MPLA-Wahlliste anführen. Für Dos Santos war die Abstimmung ein Test. Denn nächstes Jahr steht die Wahl des Präsidenten an. Und nach dem sich nun abzeichnenden erdrutschartigen Sieg könnte er nach Ansicht von Beobachtern geneigt sein, erneut zu kandidieren. Schon vor der Wahl hatte er eine neue Verfassung angekündigt. Sie könnte ihm zwei weitere Amtsperioden sichern - und damit einer ihm ergebenen Elite Zugang zur Macht, die in Schwarzafrikas größtem Ölförderstaat zugleich Zugang zu Petrodollars bedeutet.

Oppositionspartei nur noch ein Schatten ihrer selbst

Denn in Angola - das dreimal so groß wie Deutschland ist, aber nur 16 Millionen Einwohner zählt - gibt es neben Diamanten auch Öl in Hülle und Fülle. Mit einer Tagesproduktion von zwei Millionen Barrel pro Tag (ein Barrel = 159 Liter) ist das Land längst einer der wichtigsten Öllieferanten der Großmächte China und USA.

Die aus einer Rebellenbewegung hervorgegangene wichtigste Oppositionspartei UNITA - die während des Wahlkampfs über massive Einschüchterung durch die Regierung geklagt hatte - steht dieser Entwicklung ohnmächtig gegenüber. UNITA-Chef Alceides Sakala versuchte, die Probleme bei der Abstimmung in einigen Stadtteilen Luandas zu seinen Gunsten zu nutzen und betonte: "Wir fordern vom Verfassungsgericht, die Wahlen zu annullieren." Doch anders als 1992, als die UNITA eine Wahl anfocht und den bewaffneten Kampf wieder aufnahm, ist sie heute nur noch ein Schatten ihrer selbst.

Satte Mehrheit sicher

Die Metropole war von der staatlich Wahlkommission trotz der Masse der dort wohnenden Angolaner in der Tat organisatorisch wie ein Provinznest behandelt worden. Das rächte sich bitter, denn in mehreren Wahllokalen herrschte nach Ansicht von Beobachtern Chaos. Unklar ist, ob sich die UNITA mit einer daraufhin beschlossenen Verlängerung der Abstimmung in den betroffenen Wahllokalen zufriedengeben oder die gesamte Wahl anfechten wird. Am Trend hat aber auch das Chaos in einigen Stadtteilen von Luanda kaum etwas ändern können.

Denn die Hauptstadt, in der rund 20 Prozent der 8,3 Millionen wahlberechtigten Angolaner leben, gilt als stärkste Hochburg der MPLA. Und die hat nach ersten Hochrechnungen eine satte Mehrheit sicher. Nach einem der längsten und brutalsten Bürgerkriege Afrikas mit mehr als einer halben Million Toten fragen sich besorgt große Teile der weiter in bitterer Armut lebenden Bevölkerung, ob diese Wahl erneut Konfliktstoff hervorbringen wird. Dabei hatten viele von ihnen schon vor der Wahl ein eindeutiges Votum abgegeben: "Wir haben genug vom Krieg, wir wollen Frieden", lautete eine der immer wieder geäußerten Forderungen auf den Parteiveranstaltungen.

Quelle: ntv.de, Ralf E. Krüger

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