Riesige Problemliste Arabergipfel in Riad
27.03.2007, 11:02 UhrDie Arabische Liga wird immer mehr zu einer Organisation, die atemlos von Krise zu Krise hechelt. Die Tagesordnung des arabischen Gipfels, der am Mittwoch in Saudi-Arabien beginnt, ist dementsprechend lang: Massaker im Irak, der Nahost-Konflikt, Attentate und Regierungskrise im Libanon, Tod und Vertreibung in Darfur und nicht zuletzt die Angst vor Teherans Atomprogramm und vor einem möglichen Angriff der USA auf die iranischen Nuklearanlagen. Einige Mitglieder der Liga hatten deshalb vorgeschlagen, auch die iranische Führung nach Riad einzuladen, doch für die Teilnahme eines nicht-arabischen Landes fand sich letztlich keine Mehrheit.
Die arabischen Herrscher wollen dem mehrfach totgesagten Nahost-Friedensprozess neues Leben einhauchen. Auf dem Tisch liegt eine Friedensinitiative, die von der Liga bereits bei ihrem Gipfel 2002 verabschiedet und von Israel zunächst weitgehend ignoriert worden war. Sie soll erneut präsentiert werden. Ihr Herzstück ist die Anerkennung Israels durch die arabischen Staaten, falls sich der jüdische Staat auf die Grenzen vor dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 zurückzieht.
Misstrauen gegenüber den USA
Nach einer entsprechenden Aufforderung aus Washington hat sich die israelische Regierung kürzlich positiv zu dem alten Vorschlag geäußert, der damals von Saudi-Arabien eingebracht worden war. Israel will aber einige Änderungen, so zum Beispiel beim Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge von 1948. "Ich habe es schon 20 Mal gesagt, und ich sage es jetzt zum letzten Mal, an dem Vorschlag wird nichts verändert", rief der saudi-arabische Außenminister, Prinz Saud al-Faisal, am vergangenen Sonntag entnervt Journalisten zu.
Dass sich US-Präsident George W. Bush plötzlich so für den saudi-arabischen Vorschlag erwärmt, hat in der Region Misstrauen geweckt. Es wird spekuliert, dass Washington seine arabischen Verbündeten damit milde stimmen will, um dann ihre Rückendeckung für einen möglichen Waffengang gegen den Iran einzufordern. "Palästinenser und andere Araber erinnern sich nur zu gut, wie sehr sich die USA immer dann bemüht zeigen, den israelisch-palästinensischen Konflikt zu lösen, wenn Washington plant, ein arabisches oder islamisches Land anzugreifen oder zu besetzen", warnt die ägyptische Wochenzeitung "Al-Ahram Weekly". Sie spielt auf die Situation 1990 an, als die USA unter dem damaligen Präsidenten George Bush den Nahost-Friedensprozess vorangetrieben hatten, bevor sie die irakischen Truppen aus Kuwait vertrieben.
Saudi-Arabien rückt ins Zentrum
Die saudi-arabische Hauptstadt Riad, in der sich nun die Liga-Staaten versammeln, lag Jahrzehnte lang an der Peripherie der arabischen Welt. Durch die aktive Diplomatie von König Abdullah, der den Thron nach dem Tod seines Halbbruders Fahd im Sommer 2005 bestiegen hatte, rückt das mit den USA verbündete islamische Königreich jedoch zunehmend ins Zentrum. Die rivalisierenden Palästinensergruppen Fatah und Hamas hat Abdullah mit sanftem Druck zu einer Einigung bewegt. Mit dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad beschwor er kürzlich die Solidarität zwischen schiitischen und sunnitischen Muslimen.
Doch es gibt außer Geld und cleveren politischen Schachzügen noch einen weiteren Grund dafür, weshalb Saudi-Arabien schon bald Ägypten als wichtigsten Vermittler und Regionalmacht Nummer Eins ablösen könnte: Durch die von Saudi-Arabien aktiv geförderte islamische Frömmigkeitswelle, die weite Teil der arabischen Region erfasst hat, rückt das Königreich auch ideologisch immer mehr in die Mitte.
Anne-Beatrice Clasmann, dpa
Quelle: ntv.de