Dossier

Kinder-Affäre im Tschad Auslands-Adoptionen nehmen zu

Das Babyzimmer ist fertig eingerichtet, das Kriegsspielzeug des 9 Jahre alten Sohnes Louis ist weggeräumt. "Ich wollte nicht, dass der Kleine aus Darfur an Schlimmes erinnert wird", erzählte Delphine Charles-Dubois der Zeitschrift "Paris Match". Delphine und ihr Mann Benot zählen zu den fast 300 französischen Familien, die ein Kind aus der sudanesischen Krisenprovinz Darfur aufnehmen wollten. Dafür hatten sie der Organisation Arche de Zo etwa 2000 Euro gezahlt. Auf das inzwischen geplatzte Projekt waren sie in einem Adoptions-Forum im Internet aufmerksam geworden. Die Affäre um die 103 afrikanischen Kinder hat nun auch eine heftige allgemeine Debatte über die Adoption ausländischer Kinder ausgelöst.

Die französische Organisation bestreitet zwar, dass sie die Kinder zur Adoption vermitteln wollte. Die Berichte der "Gastfamilien" machen aber deutlich, dass in vielen Fällen unerfüllte Adoptionswünsche dahinter standen. In den vergangenen Jahren ist die Zahl von Adoptionen aus dem Ausland in Frankreich kräftig gestiegen. So wurden 2006 knapp 5500 Kinder adoptiert, von denen etwa 4000 aus dem Ausland stammten. In Deutschland waren es etwa 4800 Kinder, davon knapp 30 Prozent aus dem Ausland.

Prominente wie Madonna, die einen Jungen aus Malawi adoptiert hat, oder Angelina Jolie, die drei Kinder aus Kambodscha, Äthiopien und Vietnam angenommen hat, haben Auslands-Adoptionen weltweit populär gemacht. Auch Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder und seine Frau Doris haben zwei Adoptivkinder aus Russland. Der Trend zu Adoptivkindern aus dem Ausland hat auch viele Kritiker. So hat das UN- Kinderhilfswerk UNICEF daran erinnert, dass das Recht des Kindes auf einen eigene Identität nicht vernachlässigt werden dürfe.

Eine Grundlage für Adoptionen ist das so genannte Haager Abkommen von 1993. Es hält fest, dass die Auslandsadoption die letzte Möglichkeit sein soll, wenn ein Kind in seiner Heimat nicht in einer Familie untergebracht werden kann. In vielen muslimischen Staaten, zu denen auch der Tschad und der Sudan zählen, sind internationale Adoptionen verboten.

"Es ist wichtig, dass die Eltern den Kulturkreis des Kindes kennen, das sie adoptieren wollen", meint Philippe Carre von der Organisation "Acceuil aux enfants du monde", die Kinder aus Afrika an Adoptiveltern vermittelt. Bevor sie die nötigen Papiere bekommen, müssten sie sich mit Sozialarbeitern und Psychologen treffen. "Wir suchen die Kinder auch nicht aus, sondern sie werden von den lokalen Behörden zur Adoption freigegeben", fügte er hinzu. "Arche de Zo" habe möglicherweise gute Absichten gehabt, aber das Ergebnis sei katastrophal gewesen. Und Issa Tahar von der Darfur-Vereinigung in Frankreich meint: "Ein afrikanisches Kind ist nie ein Waisenkind, es gibt immer einen Verwandten, der sich kümmert, das ist unsere Tradition."

von Ulrike Koltermann, dpa

Quelle: ntv.de

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