Dossier

Der Wehrpflicht-Streit Beibehalten, Aussetzen, Abschaffen

Es könnte ein Säbelrasseln in der Union geben. Die Pläne von CSU-Verteidigungsminister Guttenberg für ein mögliches Aussetzen der Wehrpflicht sind äußerst umstritten. Die Frage ist aber: Welche Alternativen gibt es?

Zeremoniell vor dem Schloss Bellevue bei der Rekrutenvereidigung.

Zeremoniell vor dem Schloss Bellevue bei der Rekrutenvereidigung.

(Foto: dpa)

CSU-Chef Horst Seehofer sieht eine Grundfeste der Union in Gefahr. Sein Parteikamerad, Verteidigungsminister Karl- Theodor zu Guttenberg (CSU), prüft die Aussetzung der Wehrpflicht. Die "Mutter der Kompanie", Kanzlerin Angela Merkel (CDU), hat schon klargestellt, dass die Wehrpflicht nicht aus dem Grundgesetz gestrichen werden soll. Das richtet sich zum einen an die Kritiker der Debatte. Es geht aber auch darum, im Ernstfall die Truppen aufstocken zu können. "Deswegen wäre es fatal, die Wehrpflicht abzuschaffen", sagt Guttenberg. Wenn sie ausgesetzt würde - nach jetzigen Plänen könnte das zum 1. Juli 2011 sein - wäre das mehr als eine Zäsur: "Wer sie aussetzt, schafft sie ab", warnt Seehofer.

Der Statthalter der CSU im Bundestag, Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich, ist offen für eine Aussetzung und gibt Guttenberg damit Rückendeckung. Der Verteidigungsminister nimmt derzeit mehrere Modelle unter die Lupe, darunter auch die Beibehaltung der sechsmonatigen Wehrpflicht. Experten räumen allerdings einem möglichen freiwilligen Wehrdienst - und damit einer Aussetzung der bisherigen Wehrpflicht - realistische Chancen ein. Für eine solche Variante gäbe es die Möglichkeit, die SPD zu gewinnen. Außerdem wäre es ein Signal für den Zivildienst, ihn unter der Maßgabe der Freiwilligkeit ähnlich umzugestalten.

Lange Diskussion

Die Wehrpflicht ist schon länger in der Diskussion. Inzwischen leisten weniger als 35.000 junge Männer ihren Grundwehrdienst, rund 28.000 Wehrdienstleistende haben sich freiwillig länger verpflichtet. "Mit Wehrgerechtigkeit hat das nichts mehr zu tun", meint Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Friedrich sagt: "Ich glaube, dass wir in der jetzigen Situation mit der von vielen beklagten Wehr-Ungerechtigkeit so nicht weitermachen können." Dazu kommt: Der Grundwehrdienst dauert nur noch sechs Monate. Dies ist auch innerhalb der Bundeswehr stark umstritten.

Die Debatte über die Wehrpflicht hat noch einen anderen Grund. Bis 2014 soll Guttenberg rund 8,3 Milliarden Euro bei der Bundeswehr einsparen. Die Truppe soll von etwa 252.000 um bis zu 40.000 Berufs- und Zeitsoldaten schrumpfen. Der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold warnt, dass die Bundeswehr zum Spielball in finanziellen Debatten wird. In den Modellen, die im Bendler-Block zur Musterung anstehen, reichen die Vorschläge zur künftigen Zahl der Soldaten von 205.000 bis 150.000. Das letztere Modell ist allerdings schon vom Tisch, denn dann würde die Frage der Einsatzfähigkeit gestellt.

Bürger gespalten

Wenn es nach den Bundesbürgern ginge, wäre das Ende der Wehrpflicht bereits besiegelt - allerdings nur ganz knapp. Die Hälfte sprach sich in einer Umfrage des Instituts für Marktforschung dafür aus, während 48 Prozent die Wehrpflicht beibehalten wollen.

Auch CSU und CDU sind sich uneinig. Guttenberg will sein Konzept frühestens Ende August vorlegen. Ende Oktober entscheidet dann die CSU auf ihrem Parteitag über die Zukunft der Wehrpflicht, Mitte November die CDU. Die beiden Termine mögen ein Grund sein für Guttenberg, eine mögliche Aussetzung erst für Juli 2011 ins Auge zu fassen. Damit hätten beide Parteien mehr Gelegenheit zur Debatte. Die Chancen, dass die Unionskompanie bei dem Thema zur Ruhe kommt, sind allerdings gering.

Quelle: ntv.de, Marc-Oliver von Riegen, dpa

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