China demütigt Sarkozy Beziehungen zur EU gefährdet
27.11.2008, 14:01 UhrChina schlug die EU und traf Nicolas Sarkozy. Und das sollte auch so sein. Die Führung in Peking habe den EU-China-Gipfel abgesagt, weil der französische Präsident den Dalai Lama treffen wolle, erklärte das chinesische Außenministerium. Außerdem ließ Peking einen Frankreich-China-Gipfel platzen, auf dem offenbar große Geschäftsabschlüsse geplant waren. "Der diplomatische Krieg zwischen Paris und Peking ist erklärt", analysiert das Wirtschaftsblatt "Les Echos" besorgt. Doch auch die Beziehungen der EU zu China sind gefährdet.
Für Sarkozy ist die Absage ein schwerer Schlag. Gerade noch hatte die regierungsnahe heimische Presse ihn als "Herren der Welt" gefeiert, weil er erst den zögerlichen Deutschen den Euro-Gipfel und dann den skeptischen Amerikanern einen Weltfinanzgipfel aufgezwungen habe. Der sonst wortstarke Präsident hatte zudem Kreide gefressen und Peking lange umschmeichelt, um die diplomatische Sommerkrise zu beenden. Die Chinesen waren erbost über den Frankreichbesuch des Dalai Lama und den Spießrutenlauf der Fackelträger mit dem olympischen Feuer durch Paris. Sarkozy hatte daher den Dalai Lama peinlich gemieden und als Geste seinen Sohn zu den Olympischen Spielen nach Peking mitgenommen. "Man kann nicht ein Viertel der Menschheit demütigen", sagte Sarkozy.
Aus Pekinger Sicht wortbtüchig
Und nun dies: Erst lehnt es der Dalai Lama ab, als Ersatz für das im Sommer geplatzte Treffen mit Sarkozy im Dezember nach Paris zu kommen. Und dann lässt China mitten in der Weltfinanzkrise zwei Gipfelkonferenzen platzen, weil Sarkozy mit dem Buddhistenführer sprechen will. Dabei hatte Paris deutlich gemacht, dass kein formales Treffen geplant sei, sondern nur ein informelles Plaudern am Rande eines Cocktails auf neutralem Boden - nämlich in Polen. "Nicolas Sarkozy hat sich für nichts gedemütigt", sagt der Grünen-Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit.
Aus Pekinger Sicht ist Sarkozy wortbrüchig. Sarkozy habe China eine strategische Partnerschaft versprochen, heißt es im Pekinger Außenministerium. Wie könne er da einen chinesischen Separatisten treffen? Seit Wochen waren die Chinesen in Paris vorstellig geworden und hatten vor dem Treffen mit dem Dalai Lama gewarnt. Doch im lysepalast hielt man das für eine folgenlose diplomatische Pflichtübung.
Aussichten nicht rosig
Jetzt herrscht Katzenjammer. Auch bei vielen französischen Unternehmen, deren unterschriftsreife Verträge mit chinesischen Partnern auf Eis gelegt wurden. Allerdings kann man Verträge auch ein paar Wochen später ohne viel Aufhebens und den Pomp der Gipfeltreffen unterzeichnen. Die chinesischen Unternehmen waren jedenfalls bereit, trotz der Absage des Polit-Gipfels zum parallel geplanten Wirtschaftsgipfel mit ihren EU-Partnern nach Lyon zu fahren.
Aus dem lysepalast wird gestreut, die Chinesen würden sich mit der Absage des Gipfels "in den eigenen Fuß schießen". Sie könnten nun in kein Land mehr reisen, wo der Dalai Lama unterwegs sei. Außerdem sei die EU noch vor den USA der wichtigste Handelspartner Chinas und der größte Investor dazu. Cohn-Bendit sieht in dem Platzen des EU-China-Gipfels allerdings ein "Scheitern der EU-Strategie", mit Leisetreterei für gutes Wetter in Peking zu sorgen.
In gewisser Weise trägt die EU mit der Absage des EU-China-Gipfels auch Schaden davon. Peking kritisierte ausdrücklich Sarkozy, dessen Treffen mit dem Dalai Lama "keine gute Atmosphäre für den Gipfel" schaffe. Doch eine Normalisierung des Verhältnisses dürfte der EU nun schwer fallen, wenn sie ihr Gesicht wahren will.
Zwar gibt Sarkozy in ein paar Wochen den EU-Ratsvorsitz ab. Aber dann übernehmen die Tschechen das Ruder. Und Peking warnte bereits die Führer Tschechiens, den Dalai Lama zu empfangen, wenn der im Dezember nach Prag komme. Außerdem soll der Dalai Lama am 3. Dezember vor dem Europaparlament sprechen. Wenn die Chinesen ihren Kurs der Strafboykotte beibehalten, sind die Voraussetzungen für ein baldiges Nachholen der Gipfelkontakte also nicht sehr rosig.
Quelle: ntv.de, Hans-Hermann Nikolei, dpa