Rot, gelb, grün ... Bunte Farbenspiele in Kiel
20.07.2009, 16:37 UhrSchwarz-Gelb, Schwarz-Grün oder ein Jamaika-Bündnis: Die Optionen für Carstensen in einem neu gewählten Kieler Landtag wären zahlreich. An den SPD-Mann Stegner hingegen glauben nur noch die wenigsten.
Rot, gelb, grün, orange, blau - von den bunten Kabinen im Paternoster des Kieler Landeshauses sind SPD-Fraktionschef Ralf Stegner naturgemäß die roten "am liebsten". Mit ihnen zwischen seinem Büro im dritten Stock und dem Plenarsaal im Erdgeschoss zu pendeln, ergibt zudem willkommene Fotos und Fernsehbilder. Dass der Weg des Spitzenkandidaten der Nord-Genossen bei Neuwahlen im September weiter nach oben - ins Amt des Ministerpräsidenten - führen könnte, glauben allerdings selbst bei der SPD nur wenige. Amtsinhaber Peter Harry Carstensen (CDU) dagegen könnte sich Umfragen zufolge rechnerisch seinen Wunschpartner fürs Weiterregieren sogar aussuchen.

Carstensen hätte bei Neuwahlen gute Karten.
(Foto: dpa)
Nach vier Jahren großer Koalition wünsche er sich einen "neuen Anfang", eine "stabilere Arbeit" in der Regierung, sagte Carstensen am Montagmittag vor Journalisten. Kurz zuvor hatte er die Vertrauensfrage gestellt im sicheren Wissen, diese am Donnerstag zu verlieren. Mit ihrem Nein zur Landtagsauflösung habe ihm die SPD "keine andere Wahl" gelassen. Carstensen, der den Weg über die Vertrauensfrage lange als Trickserei abgelehnt hatte, bezeichnete nun das Landtagsvotum vom Montag über den Auflösungsantrag als "fingiert" und schob den Schwarzen Peter der SPD zu. Diese habe die Chance nicht genutzt, die inzwischen von allen Parteien angestrebten Neuwahlen auf einem sauberen Weg zu erreichen.
Wahltaktisches Manöver?
Stegner wiederum kritisierte das Aufkündigen der Koalition von Seiten der CDU erneut als wahltaktisches Manöver, das unter anderem von den millionenschweren Sonderzahlungen an den HSH-Nordbank-Chef Dirk Jens Nonnenmacher ablenken solle. Carstensen hatte am Wochenende eingeräumt, in einem Brief an Landtagspräsident Martin Kayenburg (CDU) fälschlicherweise das Einverständnis der Fraktionsspitzen zu den Zahlungen behauptet zu haben.

Stegner blickt in eine eher ungewisse politische Zukunft.
(Foto: dpa)
Umfragen, die noch vor diesem Eingeständnis erhoben wurden, sehen Carstensen bis jetzt noch als klaren Wahlsieger, trotz der schon seit längerem laufenden Debatte um den Banker-Bonus. Zwar muss der CDU-Politiker mit deutlichen Einbußen gegenüber dem Wahlergebnis von 2005 rechnen. Er kann aber mit einem noch deutlicher gesteigertem Abstand zur seinerzeit fast gleichauf liegenden SPD rechnen. Und bei einer Direktwahl bekäme der gemütlich wirkende Carstensen laut Infratest dimap mit 51 Prozent mehr als doppelt so viel Stimmen wie der polarisierende und oftmals provozierende Stegner (19 Prozent).
Alle Optionen offenhalten
Wunschoption der CDU ist eine schwarz-gelbe Koalition, aber die Christdemokraten schließen auch eine künftige Zusammenarbeit mit den Grünen nicht aus. Die wiederum wollen vor allem eine schwarz-gelbe Mehrheit verhindern, wären dann aber auch für Verhandlungen über Schwarz-Grün oder ein Jamaika-Bündnis offen. Letzteres schließt auch die FDP nicht aus, sie will - ebenso wie die CDU - nur nicht mit der SPD unter Stegner koalieren.
Neben den bisherigen Fraktionen und dem die dänische Minderheit vertretenden Südschleswigschen Wählerverband (SSW), für den die Fünf-Prozent-Hürde nicht gilt, rechnen sich noch zwei weitere Parteien Chancen auf einen Einzug in den Landtag aus. So kommt die Linke in jüngsten Umfragen auf rund fünf Prozent. Und die Freien Wähler (FW) hoffen, an lokale Erfolge bei den Kommunalwahlen nun landesweit anknüpfen zu können. Er gehe von einem zweistelligen Ergebnis aus, sagt der FW-Landesvorsitzende Malte Tech. Zu seinem Kalkül zählt, dass angesichts der Prätendenten Carstensen oder Stegner "viele Wähler sagen, um Gottes Willen, die beide nicht, die haben's nicht gut gemacht".
Statt Urlaubsfreuden: Wahlkampf
Wenn am Donnerstag der Landtag in einer weiteren Sondersitzung über die Vertrauensfrage debattiert und abstimmt, beginnt damit für die Abgeordneten nicht - wie geplant - eine vor allem Urlaubsfreuden gewidmete Sommerpause, sondern der Wahlkampf. Carstensen und Stegner kündigten beide an, diesen "sachlich" zu führen, nachdem sie zuletzt vor allem mit gegenseitigen persönlichen Angriffen von sich reden gemacht hatten.
Quelle: ntv.de, Deike Stolz, AFP