Von der "Schönheit der Atomkraft" Bushs brisante G8-Themen
06.07.2008, 13:39 UhrUS-Präsident George W. Bush war sichtlich gut gelaunt, als er an seinem 62. Geburtstag auf dem Flughafen von Sapporo gemeinsam mit seiner Frau Laura die Gangway der "Air Force One" hinunterstieg. Zum letzten Mal will Bush auf einem G8-Gipfeltreffen Amerikas Sicht der Welt schildern - womit er durchaus einigen anderen Weltführern die Laune trüben könnte. Dass der Texaner auch sechs Monate vor seinem Amtsende so sendungsbewusst ist wie eh und je, demonstrierte er schon vor Beginn des globalen Treffens auf der japanischen Insel Hokkaido.
Dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao will er nach Angaben des Weißen Hauses wegen der Verletzung der Menschenrechte ins Gewissen reden und mehr Freiheit für das chinesische Volk fordern. Und Kanzlerin Angela Merkel wird Bush wohl von der "Schönheit der Atomkraft" vorschwärmen, wie er es nannte - wobei kritische Untertöne gegenüber der "Freundin Angela" unvermeidlich scheinen.
"Null Treibhausgase"
"Wenn jemand wirklich besorgt ist über Erderwärmung und Treibhausgase", dann sollte der doch "deutliche Zeichen setzen, um sich für den Ausbau von Atomkraftwerken stark zu machen", meinte Bush am Donnerstag vor japanischen Journalisten, ohne Merkel allerdings namentlich zu nennen. Allerdings ist offensichtlich, dass sich unter den G8-Staaten nur Deutschland vehement gegen mehr Kernkraftwerke wehrt. Für Bush schwer verständlich: Kernenergie sei "eine erneuerbare Energie mit null Treibhausgasen". Und für die noch immer offene Frage nach dem atomaren Abfall werde es sicher bald schon "neue Technologien geben, die den Menschen die Sorgen nehmen".
Aber Bush will auch bei anderen Themen drängen und fordern: Vermutlich wird es nicht allzu schwer werden, wie von den USA gewünscht, eine gemeinsame G8-Resolution zu beschließen, in der Simbabwes Robert Mugabe heftig kritisiert wird. Schon sehr viel schwieriger steht es um die US-Forderung, dass alle G8-Staaten ihre Versprechungen an die Entwicklungsländer einhalten. "Es müssen nicht nur Versprechungen gemacht, sondern auch Schecks geschrieben werden", verlangt Bush. Nicht nur Hilfsorganisationen haben die G8-Länder heftig kritisiert, weil diese ihre einst als historisch gepriesenen Zusagen vom Gipfel in Gleneagles 2005 nicht einhalten würden. Dabei bekommen die USA, die sich während der Präsidentschaft Bushs für Afrika besonders stark gemacht haben, noch relative gute Noten.
Bush hat auf dem G8-Gipfel eine offizielle Agenda, auf der die Afrikahilfe, die Nahrungs- und Energiekrisen sowie die Wirtschaft allgemein sehr hohe Prioritäten haben. Das Thema Klimaerwärmung betrachtet Bush noch immer eher kühl. Parteifreunde in Washington vermuten, dass ihn der enorme Druck der europäischen "Freunde" und die warnenden Stimmen der Wissenschaft dazu gebracht haben, sich öffentlich mit Verve dem Kampf gegen die Klimaerwärmung anzuschließen. Im Grunde seines Herzens sei er aber Klima-Skeptiker geblieben und glaube wie viele Konservative, dass die ganze Klimadebatte eher eine "Massenneurose" mit "pseudo-religiösem" Anstrich sei, so wie das der Kommentator des "Wall Street Journal" diese Woche formuliert hat.
Von Zuckerbrot und Peitsche
Aber neben der offensichtlichen Agenda in Toyako gibt es ein besonders brisantes Thema, über das kaum etwas an die Öffentlichkeit gelangen wird. Denn in den USA und in Israel scheint die Zahl jener zu wachsen, die nicht mehr an den diplomatischen Weg glauben, um den den Iran von seinen Atomplänen abzubringen. Sie fragen, wann nach all den Bemühungen, Teheran mit Offerten und Sanktionen zu überzeugen, statt des "Zuckerbrots" die "Peitsche" - sprich militärische Mittel - notwendig werden würden.
Bei den bilateralen Treffen Bushs mit anderen Führern am Rande der G8 wird auch die Frage nach Krieg und Frieden eine Rolle spielen. Zwar spricht Bush seit neuem immer wieder mal davon, wie sehr er sich auf sein Pensionärsdasein im texanischen Crawford freut. In Washington fürchten aber viele, dass er kurz vor seinem Amtsende doch noch einmal glauben könnte, ein weiteres Kapitel im historischen Kampf gegen den Islamismus und Terrorismus aufschlagen zu müssen.
Laszlo Trankovits, dpa
Quelle: ntv.de