Letzter Akt hat begonnen Castros langer Abschied
25.01.2009, 16:00 UhrWährend in den USA mit Präsident Barack Obama ein neuer Stern aufgeht, erlischt in Kuba die Kraft des Mannes, der sich ein halbes Jahrhundert gegen die Vorherrschaft der nahen Supermacht gewehrt hat. Revolutionsführer Fidel Castro (82) hat, Obama eingeschlossen, elf US-Präsidenten in seiner Laufbahn erlebt. Nun teilte er wie gewohnt selbst mit, wie es um ihn steht. "Es geht mir gut", schrieb der 82-Jährige in einem Kommentar zum neuen US-Präsidenten. Aber er deutete an, das er möglicherweise das Ende der ersten Amtszeit Obamas nicht mehr erleben werde.
Damit hat in Kuba der letzte Akt im inszenierten Rückzug des letzten Revolutionärs begonnen. Er habe das Vorrecht gehabt, die Geschehnisse ein halbes Jahrhundert zu beobachten, schrieb Castro in seiner jüngsten "Reflexion des Genossen Fidel". "Ich erwarte, dieses Privileg nicht mehr vier Jahre zu genießen, bis die erste Präsidentenperiode Obamas vorüber ist." Außerdem kündigte er an, sich nicht mehr in die Regierungsangelegenheiten einmischen zu wollen. Deshalb werde er nun auch weniger Betrachtungen verfassen.
Castro reduziert Kommentare
"Ich habe meine Kommentare für dieses Jahr reduziert, um die Genossen der Partei und des Staates nicht bei den Entscheidungen angesichts der objektiven Schwierigkeiten zu stören, die aus der weltwirtschaftlichen Krise stammen", gab er zur Begründung an. Noch vor einiger Zeit hatte er sich berufen gefühlt, seine Nachfolger mit Ratschlängen, wenn nicht sogar Anweisungen, zu bevormunden. "Niemand von ihnen soll sich durch meine Bemerkungen, durch meine schwere Erkrankung oder meinen Tod verpflichtet fühlen", schrieb er jetzt.
Über den Gesundheitszustand Fidel Castros, der sich wegen einer Darmoperation Ende Juli 2006 zurückgezogen und die Amtsgeschäfte an Bruder Ral übergeben hatte, hat die Öffentlichkeit wahrscheinlich nie die Wahrheit erfahren. Fidel selbst hatte die Krankheit zum Staatsgeheimnis erklärt und damit Spekulationen Tür und Tor geöffnet. Und selbstverständlich hatte er seine Landsleute darauf hingewiesen, dass auch er sterblich sei. Bereits Ende 2006 hatte er in Havanna versammelten Freunden aus aller Welt schriftlich mitgeteilt: "Ich verabschiede mich mit Schmerzen." Er ist nie wieder öffentlich in Erscheinung getreten.
Mutmaßungen über bevorstehenden Tod
Bis vor wenigen Monaten hatte es immer nur eine einzige offizielle Botschaft zum Zustand Castros gegeben, der sein Land 47 Jahre beherrscht hatte: Es gehe ihm von Tag zu Tag besser. Er lebe diszipliniert, mache Gymnastik, denke nach, schreibe und wache über das Wohl der Kubaner. Als aber sein "politischer Sohn" in Lateinamerika, der venezolanische Präsident Hugo Chvez, vor zwei Wochen erklärte, Fidel Castro werde nicht mehr zurückkehren, waren die Mutmaßungen über einen bevorstehenden Tod wieder da. Eine Woche später behauptete Chvez aber, Fidel sei gesund und munter.
Auch sein Bruder und Nachfolger als Präsident Kubas, Ral Castro, stritt ab, dass es Fidel wieder schlechter gehe. "Er macht seine Übungen, denkt viel nach, schreibt viel und assistiert und hilft mir", sagte er Journalisten bei der Verabschiedung der argentinischen Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner auf dem Flughafen von Havanna. Ral kündigte an, bald nach Europa zu reisen. "Würde ich das tun, wenn Fidel in einem kritischen Zustand wäre?", fragte er.
Quelle: ntv.de, Franz Smets, dpa