FDP in der Bredouille Chancen für Steuerreform sinken
14.01.2009, 16:50 UhrDas neue Konjunkturpaket der großen Koalition bringt die Liberalen in die Bredouille: Zwar steht die FDP in den Umfragen gut da und hat große Chancen, bald auch in Hessen mitzuregieren. Doch durch das 50-Milliarden-Programm werden die Aussichten deutlich geschmälert, nach der Bundestagswahl im September in einer schwarz-gelben Koalition eine grundlegende Steuerreform auf den Weg bringen zu können. Dies aber ist bisher ein zentrales Wahlkampf-Thema der FDP wie auch der Union. So können die Liberalen keineswegs unbekümmert ins Wahljahr 2009 starten.
Am 50-Milliarden-Paket lässt die FDP kein gutes Haar: "Es ist nichts anderes als das größte Schuldenpaket in der Geschichte unseres Landes", schimpfte Parteichef Guido Westerwelle am Mittwoch im Bundestag. Noch am Dienstag hatte sein Stellvertreter Rainer Brüderle vollmundig angekündigt, die FDP werde das Programm nicht mittragen. Sein Credo: "Liberale können dieser Verstaatlichungs- und Verschuldungspolitik nicht zustimmen." Dabei fällt der FDP eine Schlüsselrolle zu, denn sie bildet eine starke Macht im Bundesrat: Kommt sie nach der Hessen-Wahl mit an die Regierung, geht ohne sie nichts mehr in der Länderkammer. Sie könnte dann das von ihr geschmähte Konjunkturpaket stoppen.
Mehr Einfluss, mehr Verantwortung
Doch von einer kompletten Blockade des Milliarden-Vorhabens war bei der FDP schon am Mittwoch nicht mehr die Rede: Generalsekretär Dirk Niebel schloss ein solches Vorgehen der Liberalen aus und formulierte vorsichtig: "Wenn wir die Möglichkeit haben, werden wir versuchen, das Konjunkturpaket in seiner jetzigen Form deutlich zu verbessern." Westerwelle sicherte zumindest eine "konstruktive" Haltung der Liberalen bei den Beratungen über das Programm zu. Ganz offenbar fürchtet die Partei, am Ende als Buhmann dazustehen, der sich Entlastungen für die Bürger und der Belebung der Konjunktur in den Weg stellt.
Im Bundestag hagelte es denn auch nur so Appelle an die FDP, ihrer Verantwortung beim Konjunkturpaket gerecht zu werden. "Ihre Partei ist an den wichtigen Weggabelungen immer den Weg der Vernunft gegangen", sagte Vize-Kanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) in der Debatte. "Ich hoffe, das wird auch bei dieser Anstrengung so sein." Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) rief die Liberalen auf, auch in den Ländern konstruktiv mitzuwirken. Und der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) konstatierte mit Blick auf seinen Wunschpartner FDP: "Mehr Einfluss bringt auch mehr Verantwortung."
Chancen für Steuerreform schwinden
Wird das Milliardenvorhaben mithilfe der Liberalen demnächst unter Dach und Fach gebracht, schwinden wegen der finanziellen Belastungen allerdings die Chancen für die von der FDP geforderte große Steuerreform. Die Liberalen hatten eine solche Reform wiederholt sogar als Bedingung für ihre Unterschrift unter einen Koalitionsvertrag mit CDU und CSU genannt. Im Augenblick gebe es für eine große Steuerreform direkt nach der Bundestagswahl im September keinen Spielraum, gab Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem ZDF-Interview unumwunden zu. Von der herben Kritik Westerwelles zeigte sie sich genervt: Als der im Bundestag das Konjunkturpaket als bloßes Wahlkampfgetöse abtat, schüttelte die Kanzlerin nur den Kopf und verzog die Mundwinkel.
Westerwelle machte seinerseits aus seiner Ernüchterung über die Union keinen Hehl: "Augenscheinlich haben sich manche in der Unionsführung auch inhaltlich mit der bürokratischen Staatswirtschaft der SPD angefreundet", klagte er in der "Südwest-Presse". "Das macht mir große Sorgen." Dennoch wartet er auf eine Koalitionsaussage der Union zugunsten der FDP. Dabei hat sich die FDP zu einer solchen selbst noch nicht durchgerungen: Erst beim Dreikönigstreffen der Liberalen in der vergangenen Woche verzichtete Westerwelle demonstrativ auf die Nennung eines Koalitionspartners.
Quelle: ntv.de, Jürgen Petzold, AFP