Dossier

"Plan B" in der Schublade Countdown im Kosovo

Mit dem endgültigen Scheitern auch der letzten Vermittlung durch die USA, Russland und die EU ("Troika") hat der Countdown für den neuen europäischen Staat Kosovo begonnen. Das erfolglose Trio hat am Montag Serben und Albanern ihren Abschlussbericht vorgestellt. Eine Woche später wird diese Auflistung aller Misserfolge bei der Kompromisssuche dem UN-Generalsekretär Ban Ki Moon übergeben. Am 19. Dezember beschäftigt sich dann der Sicherheitsrat abschließend mit diesem Thema. Und weil Russland als enger Verbündeter Serbiens die Lostrennung des fast nur noch von Albanern bewohnten Kosovos mit seiner Vetodrohung wieder verhindern wird, läuft dann die inoffiziell "Plan B" genannte Lösung des Problems an.

Serbische wie albanische Zeitungen haben in den letzten Tagen übereinstimmend dieses Szenario entworfen: Der UN-Generalsekretär wird die EU bitten, ihre schon lange vorbereitete Führungsrolle im Kosovo zu übernehmen und damit die seit 1999 fast unumschränkt regierende UN-Mission dort (UNMIK) abzulösen. Brüssel würde dann Verwaltungsbeamte, Richter, Zöllner und vor allem Polizisten in diese Balkanregion schicken. Die Kosten dafür werden auf rund 134 Millionen Euro im Jahr geschätzt.


Das Kosovo-Parlament wird die Unabhängigkeit ausrufen

Im nächsten Schritt wird das neu gewählte Kosovo-Parlament, in dem die nach Unabhängigkeit strebenden Albaner-Parteien mit 80 Prozent eine satte Mehrheit haben, nach diesem Szenario einseitig die Unabhängigkeit der bisherigen serbischen Provinz ausrufen. Gleichzeitig soll die von der NATO geführte internationale Schutztruppe KFOR von der Volksvertretung aufgefordert werden, weiter im Kosovo zu bleiben. Zur Zeit stellen die Deutschen mit 2730 Soldaten das größte Kontingent dieser 17.000 Männer und Frauen umfassenden Truppe.

Der "Plan B" sieht nach diesen Informationen die Anerkennung des neuen Staates durch die USA und fast alle EU-Länder vor. Die EU-Mission im Kosovo wird dann die Umsetzung des sogenannten Ahtisaari-Plans gewährleisten. Nach den Vorschlägen des UN-Vermittlers Martti Ahtisaari, der sich ein Jahr vergeblich um einen Kompromiss zwischen den Streitparteien bemüht hatte, soll die Unabhängigkeit des neuen Staates starken Einschränkungen unterliegen. Das gilt vor allem mit Blick auf die serbische Minderheit, der weitreichende Sonderrechte eingeräumt werden. Auch die "nationalen Heiligtümer" der Serben wie Schlachtfelder und Klöster werden unter besonderen Schutz der EU und der KFOR gestellt.

Die alles entscheidende Frage ist die Reaktion Serbiens auf den Verlust von 15 Prozent seines Staatsgebietes. Die starken Nationalisten würden eine "Hysterie" hervorrufen, um "mit den politischen Gegnern im Inneren abzurechnen", hat der serbische Schriftsteller Svetislav Basara am Wochenende den Staatspräsidenten Boris Tadic gewarnt. Viele westliche Diplomaten in Belgrad rechnen mit einem Rechtsruck Serbiens - weg von Europa und hin zu Russland. Ein oft befürchtetes militärisches Eingreifen dürfte es nicht geben. Die 27.000 Mann starke serbische Armee ist wenig motiviert und verfügt nur über hoffnungslos veraltetes Gerät. Ihr Oberbefehlshaber Tadic hat zudem erst am vergangenen Wochenende garantiert, dass es mit ihm keinen neuen Krieg geben werde.

Von Thomas Brey, dpa

Quelle: ntv.de

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