Dossier

Wowereits zweite Amtszeit Der Berliner Junge

Tagelang war er auf den Titelseiten der Boulevard-Zeitungen zu sehen. Viele Abende saß er auf den Sofas der Fernseh-Talkshows. Anlass des Medienrummels waren aber keine innovativen politischen Thesen oder Experimente, sondern ein Buch. Am meisten Aufsehen erregte Klaus Wowereit im ersten Jahr seiner zweiten Amtszeit als Berliner Regierungschef mit seiner Biografie "...und das ist auch gut so."

Obwohl das Buch den Untertitel "Mein Leben für die Politik" trägt, waren es weniger Erläuterungen etwa zur Sozial- oder Bildungspolitik, die ausführlich zitiert wurden, als Einlassungen zu Sabine (Tanzpartnerin) und Jörn (Lebenspartner). Ein politisches Schwergewicht ist Wowereit nach sechseinhalb Jahren als Regierender Bürgermeister weiterhin nur auf der Berliner Landesebene. Auf entscheidenden Gebieten bleibe Wowereit "tatenlos", rügt der Berliner CDU-Oppositionsführer Friedbert Pflüger.

Keine führende Rolle in der eigenen Partei

Zwar zählt Wowereit in Umfragen zu den bekanntesten und beliebtesten Politikern Deutschlands. Eine führende Rolle spielt er aber selbst in der eigenen Partei SPD nicht. Für das Amt eines Stellvertreters kam Wowereit beim neuen Bundesvorsitzenden Kurt Beck nicht infrage. Weder politisch noch menschlich stehen sich beide besonders nah. Und sein Image als etwas leichtfüßiger Partyfreund konnte Wowereit bisher nicht ganz hinter sich lassen.

Dabei hat sich der Regierende Bürgermeister nach einem desaströsen Start vor einem Jahr wieder recht gut gefangen. Erst im zweiten Wahlgang war er am 23. November 2006 knapp wiedergewählt worden. Erinnerungen an Heide Simonis Scheitern in Kiel wurden im Berliner Abgeordnetenhaus wach. Die Erleichterung nach dem zweiten Auszählen war Wowereit anzusehen.

Berliner Wissenschaft als Erfolg

Die rot-rote Koalition brauchte Monate, um in Gang zu kommen. Lange wirkte noch der Schock der Niederlage in Karlsruhe nach, als das Bundesverfassungsgericht die verlangte finanzielle Unterstützung durch den Bund kühl ablehnte. Als Berlin für alle Zeiten im Schuldenberg zu versinken drohte, sorgte dann der Konjunkturaufschwung für steigende Steuereinnahmen. Wowereit und sein Finanzsenator Thilo Sarrazin, die seit Jahren hart sparen ließen, konnten 2007 den Erfolg auskosten: Der Haushalt ist ausgeglichen, bald sollen Schulden abgebaut werden. Als Erfolg kann die Regierung zudem den Ausbau der Berliner Wissenschaft verbuchen, zu dem der jüngste Triumph der Freien Universität als Elite-Uni passt.

Gefeilsche um Opern-Sanierung

An politischen Fehlern und Misserfolgen mangelte es in den zwölf Monaten aber ebenso wenig. Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) verharmloste Drogenschmuggel in Gefängnisse, vor einigen Schulen im Bezirk Neukölln stehen aus Sicherheitsgründen bald private Wachleute. Der Bau des Terminals für den neuen Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI) - einem der erklärten Lieblingsprojekte Wowereits - musste neu ausgeschrieben werden.

Zudem liefert sich Wowereit seit Wochen ein lautes Gefeilsche mit der Bundesregierung um Opern-Sanierung und den kleinen Stadtflughafen Tempelhof. Es geht um viele Millionen Euro und darum, nicht das Gesicht zu verlieren. Sollte der Bund hart bleiben, müsste Berlin seine Staatsoper mit eigenem Geld retten, Wowereit wäre blamiert. Sollte sich aber ein Kompromiss finden, würde er als harter Verhandlungsführer dastehen und gewänne auch bundespolitisch wieder an Renommee.

Von Andreas Rabenstein, dpa

Quelle: ntv.de

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