Gefangenenaustausch in Nahost Der Marathon-Mann des BND
15.07.2008, 20:26 UhrWenn es diese Woche am libanesisch-israelischen Grenzübergang Rosch Hanikra ("Höhlenkopf") zur Übergabe von Gefangenen zwischen der Hisbollah und Israel kommt, ist das auch das Verdienst eines deutschen BND-Agenten. Offiziell wird sein Name zwar nicht genannt. Es dürfte sich aber um Gerhard Conrad handeln. Er hat in den vergangenen 18 Monaten eine Mammutaufgabe mit viel Verhandlungsgeschick und noch mehr Ausdauer bewältigt. Conrad vermittelte zwischen den Fronten mit Hartnäckigkeit und Kreativität, bis jetzt endlich das Verhandlungsergebnis steht.
Es ging um die Auslieferung der beiden israelischen Soldaten Ehud Goldwasser und Eldad Regev, die am 12. Juli 2006 von der Hisbollah verschleppt wurden. Die Entführung löste den zweiten Libanon-Krieg aus, der 33 Tage dauerte. Die beiden Männer sind nach israelischen Erkenntnissen mit hoher Wahrscheinlichkeit tot. Dennoch stimmte das Kabinett in Jerusalem mit großer Stimmenmehrheit für den Deal mit der Hisbollah, die im Gegenzug fünf libanesische Gefangene, darunter den Top-Terroristen Samir Kuntar, erhält.
Dauerpendler im Auftrag der UN
Conrad oder wie auch immer der BND-Mann wirklich heißt, handelte im Auftrag der Vereinten Nationen und wird nur der "Facilitator" genannt, also einer, der schwierige Verhandlungen als "Förderer" oder "Erleichterer" begleitet, anstößt und führt. Er war schon 2004 an Bord, als ein Häftlingsaustausch zwischen Israel und der Hisbollah ausgehandelt wurde. Diesmal pendelte er unermüdlich zwischen dem UN-Sitz New York, Tel Aviv, Beirut und europäischen Städten. 700.000 Flugkilometer legte er auf mehr als 100 Reisen zurück, listet ein internes Papier aus dem Bundeskanzleramt auf.
Zähe Verhandlungen bis tief in die Nacht und frustrierende Rückschläge gehörten 18 Monate lang zum täglichen Geschäft des deutschen Vermittlers - eine ständige "Berg- und Talfahrt", wie es heißt. Die schier unüberbrückbaren Gegensätze zwischen den Positionen von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah und der israelischen Seite brachten die Gespräche mehrfach an den Punkt des Scheiterns. Dennoch gelang zum Schluss die Einigung, die in Berlin als "großer Erfolg" für die Vereinten Nationen, die Bundesregierung und eben auch für den "Facilitator" gewertet wird.
Punktgewinn für Hisbollah
Wenn man es zynisch sieht, dann verschaffte sich die Hisbollah auf den ersten Blick einen Punktgewinn. Sie hat endlich eines ihrer Ziele erreicht und den Terroristen Kuntar freigepresst, der für den Tod zweier israelischer Polizisten sowie eines Vaters und dessen zweier kleiner Töchter verantwortlich ist. Für die Angehörigen der beiden verschleppten israelischen Soldaten gibt es dagegen fast genau zwei Jahre nach der Entführung vielleicht keinen Trost - aber doch endlich Gewissheit und ein Ende des langen Wartens.
Quelle: ntv.de, Von Helmut Reuter, dpa