Im Fokus der Welt Der Öl-Staat Aserbaidschan
08.06.2007, 17:10 UhrUm die Beziehungen zwischen Russland und Aserbaidschan war es zuletzt nicht zum Besten bestellt. Der islamisch geprägte Kaukasus-Staat ist mit seinen Ölreserven ein Rivale für die Russen, wenn es um Exporte des schwarzen Goldes in den Westen geht. Zudem belastet aktuell auch die Migrationspolitik Russlands das Verhältnis der beiden Länder: Russlands Präsident Wladimir Putin verjagte in diesem Frühjahr die geschäftstüchtigen Kaukasier - unter ihnen auch viele Aserbaidschaner - von den Märkten. Umso mehr überraschte sein Vorschlag beim G8-Gipfel, mit den USA gemeinsam von Aserbaidschan aus eine mögliche militärische Bedrohung aus dem Iran im Auge zu behalten.
Putin lenkte mit seiner Idee das weltweite Augenmerk auf das kleine Land am Kaspischen Meer. Seit Jahren intensivieren sowohl Amerikaner als auch wieder die Russen ihre militärischen Beziehungen zu Aserbaidschan, das 1994 dem NATO-Programm Partnerschaft für Frieden beitrat. Außerdem rüstete Washington für mehr als 100 Millionen Dollar (74,23 Millionen Euro) die Küstenwache und Marine des Landes am Kaspischen Meer auf.
Außenpolitisch kreisen die Konflikte um die mehrheitlich von Armeniern bewohnte Region Berg-Karabach und um die aserbaidschanische Minderheit, die im Iran lebt und dort in ihren Rechten unterdrückt wird. Der autoritäre Präsident Ilcham Alijew versucht sich gleichermaßen mit den Russen, Europäern und Amerikanern zu arrangieren. Kritiker werfen ihm vor, dass dabei die demokratische Entwicklung auf der Strecke bleibe. Schon sein Vater -ein ehemaliger Mann des sowjetischen Geheimdienstes KGB -hatte in Baku mit eiserner Hand geherrscht. Auch Jahre nach Heider Alijews Tod ist sein Antlitz in den Straßen der Hauptstadt auf Plakaten allgegenwärtig.
Die schwache Opposition kommt kaum zum Zug. Sie wirft Präsident Alijew vor, die Menschen in seinem unmittelbaren Umfeld zu Milliardären zu machen und gleichzeitig den Großteil der Bevölkerung in Armut zu lassen. Vor allem ausländische Ölfirmen sorgen mit ihren Investitionen für einen rasanten wirtschaftlichen Aufschwung in der Republik. Das Bruttoinlandsprodukt kletterte 2006 um fast 37 Prozent auf mehr als 15 Milliarden Euro.
Menschenrechtler beklagen, dass Europäer und Amerikaner mit Rücksicht auf die energiepolitische Bedeutung des Landes zu selten und zu schwach auf Missstände hinweisen. Presse-, Meinungs- und Demonstrationsfreiheit ließen auf sich warten. 2005 hatte die Opposition bei den Parlamentswahlen 2005 Wahlfälschungen in großem Stil angeprangert.
Die Kritik aus dem Westen dürfte nach Ansicht der Regierungsgegner in Aserbaidschan auch künftig eher verhalten ausfallen: Bei einem Besuch Alijews im Februar in Deutschland sagte Kanzlerin Angela Merkel in ihrer Eigenschaft als EU-Ratspräsidentin, Brüssel wolle die Wirtschaftsbeziehungen mit Aserbaidschan ausbauen. Der Westen erhofft sich von einer im November 2006 geschlossen Energiepartnerschaft mehr Unabhängigkeit von seinem wichtigen Gas-und Öllieferanten Russland. Im vergangenen Sommer wurde eine 1770 Kilometer lange Ölpipeline von Baku in den türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan in Betrieb genommen.
Ulf Mauder, dpa
Quelle: ntv.de