Krach in der Koalition Die Streitpunkte
02.11.2007, 07:30 UhrDie Stimmung in der Koalition gilt derzeit als sehr belastet. Die SPD wirft der Union vor, sich aus populistischen Gründen nicht an Koalitionsabsprachen zu halten. Die Union wiederum spricht von der "Reformbremse SPD" und den Sozialdemokraten klar Grenze aufzeigen. CDU und CSU riskieren dafür auch Streit. Nachfolgend die strittigsten Themen:
Streitpunkt Nr. 1: Post-Mindestlohn
Eines der umstrittensten Themen ist der Post-Mindestlohn. Während Arbeitsminister Franz Müntefering einen Tarifvertrag zwischen Deutscher Post und Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, der einen Mindestlohn enthält, für allgemeinverbindlich erklären will, zweifelt die Union an den Voraussetzungen dafür. Die Zeit drängt, da die Regelung die Marktöffnung am 1. Januar 2008 flankieren soll. SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner warnte: "Viele in der Union spielen an diesem Punkt mit dem Feuer. Das kann zum Spaltpilz im Regierungsbündnis werden", sagte der arbeitspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der "Saarbrücker Zeitung".
Streitpunkt Nr. 2: "Herdprämie"
Die Koalition streitet auch weiter über ein Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder zu Hause erziehen. Auch dabei warfen sich SPD und Union gegenseitig den Bruch von Vereinbarungen vor. CSU-Chef Erwin Huber sagte der "Passauer Neuen Presse": "Wir erwarten hier schon Vertragstreue von unserem Koalitionspartner." Auf Druck der CSU soll der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz und das Betreuungsgeld für die Kleinkinder-Erziehung zu Hause gleichrangig im Gesetz festgeschrieben werden.
Streitpunkt Nr. 3: ALG I für Ältere
Beim Thema Arbeitslosengeld I haben Union und SPD trotz unterschiedlicher Positionen in der Finanzierungsfrage zuletzt die Einigungschancen betont. Kürzungen bei jüngeren Arbeitslosen zur Finanzierung einer längeren Bezugsdauer des ALG I bei Älteren schloss SPD-Fraktionschef Peter Struck aus: "Die Union weiß, dass wir das nicht akzeptieren werden." Er deutete aber Kompromissmöglichkeiten an anderer Stelle an: "Es gibt da verschiedene Stellschrauben. Eine ist die Altersgrenze." Auch Unionsfraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen signalisierte Entgegenkommen: "Ich glaube nicht, dass wir Leistungen der einen Gruppe auf Kosten der anderen reduzieren könnten."
Streitpunkt Nr. 4: Bahnreform
Bei der Bahnreform stehen die Positionen der Regierungspartner unversöhnlich gegenüber. Sollte die SPD bei ihrer Forderung nach der Ausgabe von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht bleiben, sieht Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) "für die Bahnprivatisierung keine Chance mehr". Gleichwohl zeigte er sich überzeugt, dass die Koalition bis 2009 hält: "Man darf so eine Koalition nicht leichtfertig aus parteipolitischen Erwägungen aufs Spiel setzen."
Streitpunkt Nr. 5: Pendlerpauschale
Die Runde im Kanzleramt könnte auch über Möglichkeiten sprechen, die Kürzung der Pendlerpauschale angesichts von Verfassungsbedenken teilweise zurück zu nehmen. Wie Beim ALG I gibt es auch hier deutliche Signale für einen schnellen Kompromiss. Bei der möglichen Neuregelung müssen sich die Arbeitnehmer auf Einschnitte an anderer Stelle gefasst machen. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) will die von der SPD geforderten und von Teilen der Union akzeptierten Nachbesserungen nur dann mittragen, wenn die Staatskassen weiter um 2,5 Milliarden Euro entlastet werden. Im Gespräch sind neben einem geringeren Kilometergeld auch Abstriche beim Arbeitnehmer-Pauschbetrag.
Streitpunkt Nr. 6: Tempolimit auf Autobahnen
Bei Tempo 130 auf Autobahnen klaffen die Positionen von SPD und Union weit auseinander. Kauder: "Es gibt kein einziges sachliches Argument, das ein Tempolimit rechtfertigt." Allerdings ist die SPD in dieser Frage gespalten. Hier signalisierte Struck Kompromissbereitschaft. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte er außerdem, er glaube nicht, dass die Zusammenarbeit in der großen Koalition schwieriger werde. Die CDU/CSU-Abgeordneten wüssten, dass Parteitagsbeschlüsse die eine Sache seien und die Umsetzung in der Koalition eine andere.
Quelle: ntv.de