Nachrichten aus Nahost Die neue "Marine-Barriere"
18.06.2005, 15:09 UhrWie im Nahen Osten - und vielleicht auch im Allgemeinen – Nachrichten entstehen, hat n-tv Nahostkorrespondent Ulrich W. Sahm anhand eines aktuellen Beispiels recherchiert:
"Militärische Kreise in Israel bestätigten auf Anfrage, dass nördlich des Gazastreifens, von israelischem Territorium ins Mittelmeer hinein, eine 'Marine-Barriere' errichtet werde, um 'palästinensische Terroristen' mit Sprengstoff oder auch palästinensische Boote daran zu hindern, zur israelischen Küsten zu wechseln und dort einen Anschlag zu verüben. Es habe in der Vergangenheit mehrere solche Versuche gegeben, doch dank der Stützpunkte entlang der Küste des Gazastreifens seien die Anschläge verhindert worden. Mit dem Rückzug wird Israel auch diese Stützpunkte entlang des Strandes des Gazastreifens verlieren. Die israelische Zeitung 'Jerusalem Post' berichtete von einem 950 Meter langen Bollwerk aus Zaun und Mauer, das ins Meer hinein errichtet werde. Das wollten die Militärkreise jedoch nicht so bestätigen. Weder die Länge des Bauwerks noch die Zusammensetzung der Barriere wollten sie erläutern."
Palästinensische Generaldelegation klaut Text von "Israel-Netz"
Der Bericht der "Jerusalem Post" wurde in verkürzter Form von dem ausgeprägt pro-israelischen Internet-Informationsdienst "Israel-Netz" aufgegriffen und in verkürzter Form übersetzt. Da heißt es allerdings im ersten Satz: "Die israelische Marine errichtet derzeit eine Unterwasser-Barriere entlang der Mittelmeerküste vor dem Gazastreifen." Das widerspricht nicht nur den Angaben der "Jerusalem Post", sondern sogar den Details im Artikel von "Israel-Netz". Es geht nicht darum, den Gazastreifen vom Meer her einzuzäunen, zumal der Gazastreifen etwa 100 Kilometer Mittelmeerküste hat und nicht nur 950 Meter.
Dieser Artikel des christlich-fundamentalistischen Informationsdienstes wurde ausgerechnet von der offiziellen Vertretung der PLO in Deutschland, der Generaldelegation Palästinas, als eigene Meldung auf ihrer Internet-Seite veröffentlicht. Ein Vergleich der Texte ergibt, dass die diplomatische Vertretung der Palästinenser ohne Quellenangabe im Wortlaut die Meldung von "Israel-Netz" übernommen hat, ohne auf Urheberrechte Rücksicht zu nehmen. Die Palästinenser haben lediglich einen entscheidenden Satz wegzensiert, weil er nicht in ihr propagandistisches Konzept passte: "Sie (die Barriere) soll verhindern, dass Terroristen vom Gazastreifen aus an die israelische Küste schwimmen können." Ebenso haben sie das Ende der Meldung weggekürzt.
Quelle: ntv.de