Für Gefechte gewappnet Die schnelle Eingreiftruppe
29.01.2008, 14:43 UhrVom kommenden Sommer an wird die Bundeswehr in Afghanistan wohl vor einer neuen Aufgabe stehen: Im Norden des Landes dürften deutsche Soldaten dann die schnelle Eingreiftruppe stellen, die als eine Art militärische Feuerwehr in bedrohlichen Situationen zur Hilfe gerufen wird. Die Deutschen würden damit rund 250 Norweger ablösen, die diese Truppe seit knapp zwei Jahren im deutschen ISAF-Verantwortungsbereich in Mazar-i- Sharif stellen.
Eine endgültige Entscheidung über den Einsatz will die Bundesregierung bis Anfang Februar treffen. Generell hat sie sich aber bereits zur Entsendung der Truppe bereiterklärt. Verteidigungsminister Franz Josef Jung bestätigte, es sei eine entsprechende Anfrage der Nato eingegangen. Dass das Bündnis die Deutschen in die Pflicht nimmt, liegt nicht zuletzt an deren Rolle als Führungsnation im Norden Afghanistans. Deutschland hat deshalb besonders großes Interesse daran, für Notfälle weiter eine Eingreiftruppe zur Verfügung zu haben - und andere Freiwillige sind rar.
Aufgaben und Ausrüstung
Die schnelle Eingreiftruppe Quick Reaction Force (QRF) im Norden Afghanistans ist eine Einheit zum Schutz der dort stationierten Internationalen Schutztruppe ISAF. Die taktische Reserve des Regionalkommandeurs ist Teil der NATO-geführten ISAF-Mission. QRF-Soldaten sollen immer dann eingreifen, wenn Wiederaufbauteams in den Nordprovinzen des Landes militärisch unter Druck geraten.
Der Kampfverband kann auch gegen Terroristen vorgehen und mögliche Evakuierungen absichern. In der Vergangenheit stellte die Eingreiftruppe zudem den Begleitschutz von Konvois und schützte die Übergabe einer unter ISAF-Regie gebauten Brücke. Schnelle Eingreiftruppen der NATO verfügen in der Regel über Fahrzeuge mit leichter und schwerer Bewaffnung wie Maschinengewehre, Mörsergranaten und Raketenwerfer. Zudem haben sie eigene Sanitäts- und Logistikeinheiten.
Räumlich flexibel
rundsätzlich erfüllt die "Quick Reaction Force" damit ähnliche Aufgaben wie bisher schon die - ebenfalls deutschen - Schutzkompanien der einzelnen Wiederaufbauteams. Sie ist aber nicht örtlich gebunden und im gesamten Norden einsatzbereit. So kann die schnelle Eingreiftruppe auch dort gegen feindliche Kräfte eingesetzt werden, wo keine anderen Isaf-Soldaten in der Nähe sind. Das ist nicht unerheblich bei einem Zuständigkeitsbereich, der auf europäische Verhältnisse übertragen vom Rhein bis nach Warschau reichen würde und geschätzte sieben Millionen Einwohner umfasst.
Die schnelle Eingreiftruppe der Norweger wurde seit dem Frühjahr 2006 zweimal zu Alarmeinsätzen gerufen: Einmal nach einem Hubschrauberabsturz, das andere Mal nach dem Beschuss des deutschen Lagers in Masar-i-Scharif. Ansonsten war die Truppe nach Angaben der Bundesregierung bei 24 normalen Einsätzen hauptsächlich mit Patrouillen, Absicherung, Zugriffen auf Verdächtige, Evakuierungen und dem Vorgehen gegen Unruhen beschäftigt.
Klarer Kampfeinsatz
Sie unternahm aber auch offensive Einsätze gegen gegnerische Kräfte. "Wir bräuchten diese Soldaten dort nicht, wenn es nicht ein zumindest in Teilen feindliches Umfeld gäbe", argumentiert der parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Thomas Kossendey. Auch andere Politiker erinnern daran, dass die Norweger im Herbst 2007 beim Einsatz gegen mehrere hundert Taliban-Rebellen, die in den Nordwesten eingedrungen waren, erstmals in ein mehrstündiges Gefecht und damit ausdrücklich in einen Kampfeinsatz verwickelt waren.
Zustimmung im Bundestag
Kossendey verweist allerdings darauf, dass Deutschland längst die militärische Verantwortung für die Eingreiftruppe trage: Ebenso wie die anderen Isaf-Truppen im Norden unterstehen die Norweger dem deutschen Kommando. Auch ein neues Mandat ist für die Übernahme der schnellen Eingreiftruppe nach Einschätzung der Regierung nicht nötig. Im Bundestag zeichnet sich bereits breite Zustimmung ab. Die Einheit sei unerlässlich, um für militärische Notfälle im deutschen Verantwortungsbereich gerüstet zu sein, argumentieren Politiker aus Koalition und Opposition. Nur die Linksfraktion stellt sich vehement gegen den Einsatz und fordert weiter den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan.
Quelle: ntv.de