Dossier

Krise im Iran Dilemma für Obama

US-Präsident Barack Obama hält sich mit Kommentaren gegenüber den Protesten im Iran zurück - er will weiter verhandeln und hofft auf eine Aussöhnung mit dem iranischen Regime. Seine konservativen Gegner werfen ihm deshalb Duckmäusertum vor.

Obama hält sich mit Kommentaren gegenüber den Protesten im Iran zurück

Obama hält sich mit Kommentaren gegenüber den Protesten im Iran zurück

(Foto: AP)

Barack Obama kann funkelnde Reden halten, und aus dem Ringen um die Macht im Iran könnte der US-Präsident mit Leichtigkeit rhetorische Inspiration für aufrüttelnde Worte ziehen. Die Hoffnung auf Veränderung treibt die dramatischen Demonstrationen in Teheran an, es ist genau jenes Leitmotiv, das auch Obamas eigenen Wahlkampf in den USA befeuerte. Doch er wählt den leisen Ton, Obamas Kommentare zur Lage im Iran sind dermaßen zurückhaltend, dass in den USA die Kritik an ihm zunimmt. Dem Präsidenten geht es darum, eines seiner Kernvorhaben zu retten: die Aussöhnung mit dem Iran, ohne die er keine Stabilisierung des Nahen Ostens für möglich hält.

Der verpasste Sieg des Reformkandidaten Mir-Hossein Mussawi böte den USA genug Anlass zur Enttäuschung, doch Obama verbirgt dies hinter einer Fassade aus diplomatischem Pragmatismus. "Ich denke, es ist wichtig zu verstehen, dass der Unterschied in den grundsätzlichen politischen Fragen zwischen Herrn Ahmadinedschad und Herrn Mussawi vielleicht nicht so groß ist, wie man sagt", sagte der US-Präsident am Dienstag dem Sender CNBC. Wie auch immer eine von Mussawi geforderte Neuauszählung der Stimmen ausfallen werde, "wir werden es im Iran mit einem den USA feindlich gesonnenen Regime zu tun haben". Obamas Sprecher stellte klar: Das Dialogangebot an den Iran bleibe bestehen.

Heikel abwartende Haltung

Im Iran demnonstrieren Tausende gegen die Wahl von Ahmadinedschad - sie werfen ihm Wahlbetrug vor.

Im Iran demnonstrieren Tausende gegen die Wahl von Ahmadinedschad - sie werfen ihm Wahlbetrug vor.

(Foto: AP)

Die Stellungnahmen sind geprägt von Vorsicht, Abwarten, Beschwichtigung. Eine Brüskierung Ahmadinedschads würde die Chancen für das gewünschte diplomatische Geschäft in den kommenden vier Jahren schmälern. Obamas konservative Gegner in den USA werfen ihm Duckmäusertum vor. "Er sollte sagen, dass das eine korrupte, betrügerische Farce einer Wahl ist", wetterte Obamas republikanischer Wahlgegner John McCain auf NBC. "Obama muss endlich aufwachen und das Tränengas von Teheran riechen", fordert der konservative Kommentator Wesley Pruden von der "Washington Times". "Nach dem Wahlbetrug sollte Obama auf mehr Härte setzen", empfiehlt der Publizist Fred Kagan im Onlinemagazin "Slate".

Es ist die klassische Konfrontation zwischen Realpolitik und demokratischem Idealismus, die hinter der Iran-Debatte in Washington erkennbar ist. Experten wie der renommierte Nahost-Kenner Andrew Cordesman vom Center for Strategic and International Studies in Washington halten dabei Obamas Ansatz für sinnvoll: "Die Regierung Obama scheint verstanden zu haben, dass sie es bis auf weiteres mit einem Iran, so wie wir ihn kennen, zu tun haben wird." Der Unterschied zwischen Mussawi und Ahmadinedschad dürfe - wie von Obama angedeutet - nicht überbewertet werden, da die eigentliche Macht ohnehin bei dem ungewählten geistlichen Führer Ayatollah Ali Chamenei liege.

"Atmosphäre für Diplomatie vergiftet"

Ahmadinedschad wirft dem Westen indes Versagen beim Lösen internationaler Probleme vor.

Ahmadinedschad wirft dem Westen indes Versagen beim Lösen internationaler Probleme vor.

(Foto: dpa)

Für Obamas diplomatische Initiative freilich wäre Ahmadinedschads Verbleib eine Last. Er hätte es dann in Teheran nicht nur mit einem Holocaust-Leugner mit nuklearen Ambitionen zu tun, sondern auch mit einem mutmaßlichen Wahlfälscher. "Die Wahl hat die Atmosphäre für Diplomatie vergiftet", urteilt die Iran-Expertin Suzanne Maloney vom Washingtoner Brookings Institut. Zwar hätten die Wahlen nichts an der Tatsache geändert, dass Verhandlungen von allen unangenehmen Optionen für Washington noch die beste Lösung seien. "Der diplomatische Ansatz Amerikas ist aber komplizierter geworden und ein Ende der seit 30 Jahre andauernden Entfremdung ist leider unwahrscheinlicher."

Dessen ungeachtet will Obama seine Iran-Politik vorerst nicht verändern. Zum gegenwärtigen Machtkampf in Teheran sagte er in dem CNBC-Interview: "Wissen Sie, ich warte erstmal ab." Egal, wie das Gerangel zwischen Mussawi und Ahmadinedschad letztlich ausgehe: "Für uns ist es wichtig klarzustellen, dass wir die Initiative ergriffen haben."

Quelle: ntv.de, Peter Wütherich, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen