Dossier

Der Junge vom Prenzlauer Berg Ehrung für Ernst Lubitsch

"Ich bin immer hoffnungsvoll aus Lubitsch-Filmen rausgekommen", bekennt der Filmregisseur und frühere Berliner Kinokarten-Abreißer Tom Tykwer ("Das Parfüm") in einem ersten abendfüllenden Dokumentarfilm über den vor 60 Jahren im November 1947 gestorbenen Regisseur Ernst Lubitsch. Der dokumentenreiche Film "Ernst Lubitsch in Berlin" von Robert Fischer über den frühen Lubitsch vom Prenzlauer Berg, bevor er 1922 seine Hollywood-Karriere startete und dort mit Filmen wie "Ninotschka" und "Sein oder Nichtsein" berühmt wurde, erlebt auf der Lubitsch-Retrospektive in Berlin seine Premiere.

Zur Eröffnung wird an Lubitschs ehemaligem Wohnhaus in der Schönhauser Allee 183 in Prenzlauer Berg eine Gedenktafel enthüllt, wozu auch seine in den USA lebende Tochter Nicola Lubitsch in Berlin erwartet wird. In der Retrospektive sind bis zum 27. März 40 Filme (23 Stumm- und 17 Tonfilme) des Regisseurs zu sehen, kündigten die Veranstalter an. Gezeigt werden 18 Filme aus seinen deutschen Jahren und 22 amerikanische Produktionen.

Neben zahlreichen filmischen Raritäten wie die Wiederentdeckung seiner frühen Berliner Stummfilme (wie "Meyer aus Berlin" von 1918 über einen Berliner in den bayerischen Alpen) kündigen die Veranstalter auch ein Stummfilm-Marathon an - alle Lubitsch-Stummfilme in zwei Mal 13 Stunden hintereinander am Klavier begleitet. Zu den bekanntesten Filmen Lubitschs gehören die Hollywood-Streifen "Ärger im Paradies" (1932), "Serenade zu Dritt" (1933), "Ninotschka" (1939), "Rendezvous nach Ladenschluss" (1940) und die Hitler-Satire "Sein oder Nichtsein" von 1942.

Lubitsch wurde am 29. Januar 1892 in der Lothringer Straße, zwischenzeitlichen Wilhelm-Pieck-Straße und heutigen Torstraße als Sohn eines aus Russland eingewanderten Schneidermeisters geboren. Anlässlich seines 100. Geburtstages 1992 hatte Tykwer zusammen mit dem langjährigen Betreiber des Berliner "Lubitsch-Kinos" Notausgang, Gunter Rometsch, einen Vorstoß unternommen, die nach dem Ende der DDR sowieso fällige Umbenennung der Wilhelm-Pieck-Straße zum Gedenken an Lubitsch zu nutzen -vergebens. Dabei wäre es sein Kiez gewesen, nahe dem Rosa-Luxemburg-Platz und dem "Scheunenviertel", wo der kleine Ernst zur Schule ging. Hier wurde er geprägt und hier entwickelte sich sein früher Hang zur Schauspielerei.

Er kommt bald mit der Welt des Stummfilms und des Theaters in Kontakt -abends steht er bei Max Reinhardts Deutschem Theater als Statist auf der Bühne, tagsüber spielt er in Slapstickfilmen mit. "Wäre meine Schauspielerlaufbahn glatter verlaufen, wäre ich vielleicht nie Regisseur geworden", meinte er später. Sein Vater drückte es drastischer aus, als er seinen Sohn vor den Spiegel stellte und fragte: "Mit dem Gesicht willst du Karriere als Schauspieler machen?" Noch in seiner Berliner Zeit dreht Lubitsch in den Tempelhofer Ateliers größere Historienfilme wie "Madame Dubarry" (1919), "Anna Boleyn" (1920) und "Das Weib des Pharao" (1921), die schon Monumentalausmaße annahmen und Hollywood auf ihn aufmerksam werden ließen.

Mary Pickford lockte ihn über den Atlantik in das Traumziel aller Filmgrößen, wo Lubitsch schließlich Karriere machen sollte. 1935 bürgerten die Nazis den "witzigen Amüsierkünstler und Schaumschläger einer zweifelhaften Erotik" aus, ein Jahr darauf wurde Lubitsch amerikanischer Staatsbürger. In seinen Gefühlen und Gedanken sei er dennoch zeitlebens ein Berliner geblieben, der auch in Amerika in den Berliner Dialekt verfiel, wie es in einem Beitrag zur Retrospektive heißt. Und er war immer "ein intelligenter Schalk", wie Tykwer meint.

Von Wilfried Mommert, dpa

Quelle: ntv.de

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