Dossier

Israel hadert mit Obamas Rede "Ein gemischter Salat"

Die "Rede an die muslimische Welt" von US-Präsident Obama in Kairo erhält in Israel Beifall, aber auch Kritik. Vor allem dessen Forderung, den Siedlungsbau zu stoppen wird zurückgewiesen.

In Ramallah, bei der palästinensischen Autonomiebehörde, herrschte uneingeschränkte Zufriedenheit mit der Rede des US-Präsidenten Barack Obama in Kairo. Die islamistische Hamas verkündete, dass eine Erleichterung der Lebensbedingungen der Menschen im Gazastreifen und ein Ende der israelischen Blockade nicht im Tausch für eine Anerkennung Israels in Frage kämen.

Offizielle israelische Stellen konstatierten, Obama habe keine neue Position zum Nahostkonflikt geäußert, sondern nur wiederholt, was immer wieder in Washington gesagt worden sei.

"Ohne klare These"

Der israelische Amerika-Experte Avi Ben Zwi meinte enttäuscht: "Das klang wie eine Einkaufsliste für den Supermarkt. Viel zu viele Einzelelemente ohne Vision und ohne klare These. Herausgekommen war ein gemischter Salat, politisch sehr korrekt. Obama hat sich für fast alle Sünden des weißen Mannes entschuldigt und für totale Symmetrie gesorgt, indem er sogar die Hamas und Israel in einem Atemzug erwähnte."

Obama bei seiner Rede in Kairo.

Obama bei seiner Rede in Kairo.

(Foto: AP)

Unmittelbar nach der "historischen Rede" Obamas berief Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine "Sonderberatung" ein. In Regierungskreisen wurde Obamas Rede als "ausgewogen und positiv" charakterisiert.

Gegen Siedlungsausbau

Zwar habe Obama die "unzerbrechbaren" Bande mit Israel betont und deutlich ausgesprochen, dass Israels Existenzrecht nicht in Frage gestellt werden könne. Gleichwohl erklärte er auch, dass die USA die "Legitimität fortgesetzter Siedlungen" nicht akzeptieren. "Diese Bauarbeit verletzt frühere Abkommen und untergräbt Friedensbemühungen. Es ist Zeit, diese Siedlungen zu stoppen", sagte Obama. Damit forderte er einen Baustopp in den Siedlungen, nicht aber deren Abriss, meinte ein Kommentator im israelischen Rundfunk.

Der Minister für Minderheiten-Angelegenheiten, Avischai Bravermann von der Arbeitspartei, begrüßte Obamas Haltung zum "Extremismus als Feind der Welt." Dieses Gefühl sollten Juden und Araber, Fromme und weltliche Menschen in Israel übernehmen. Bravermann betonte, dass "Zwei Staaten für zwei Völker jene Lösung ist, der wir verpflichtet sind."

Wissenschaftsminister Daniel Hershkowitz von der frommen Partei "Jüdisches Haus" meinte, dass Obama die Forderung an die Palästinenser, den Terror aufzugeben, "völlig übersehen" habe. "Die Beziehungen zwischen Washington und Jerusalem sind auf Freundschaft begründet und nicht auf Kapitulation. Wir müssen eine Linie ziehen, wenn es um das natürliche Wachstum in den Siedlungen geht." Zeev Orlev von der gleichen Partei äußerte "Sorgen und Ängste". Er habe ein "ungutes Gefühl", dass die traditionellen Verpflichtungen der USA zu Israels Sicherheitsbedürfnissen, um die Existenz und Unabhängigkeit des Staates Israel zu garantieren, zerbröseln.

Kritik an Netanjahu

Der Kadima-Abgeordnete Zeev Boim bezichtigte dagegen Netanjahu der Blindheit, weil er nicht sehe, dass allein die Zwei-Staaten-Lösung die Existenz Israels als jüdischem Staat garantieren könne. Chaim Oron, Vorsitzender der linksgerichteten oppositionellen Meretzpartei, forderte, "Ja" zu Obama zu sagen. Die israelische Regierung sollte glücklich sein. Obamas Rede habe Optimismus ausgestrahlt, die man es schon lange nicht mehr gehört habe.

Ahmad Tibi, Abgeordneter der vereinigten arabischen Taal-Partei lobte Obama für seine ausgewogene Sicht zu Israelis und Palästinensern. "Er wird pragmatische Schritte gehen, um seine Worte zu beweisen", meinte Tibi.

"Schön, aber nicht realistisch."

Der Siedlerrat in der Region "Samarien und Benjamin" äußerte harsche Kritik an "Hussein Obamas Akzeptanz der arabischen Lügen, anstatt die gestammelte jüdische Wahrheit zu sehen." Der Staat Israel werde den Preis für den Defaitismus seiner Führung zahlen. Die Zeit sei für Netanjahu gekommen, als stolzer rechtsgerichteter Führer die fabrizierte Geschichtsvision Obamas zurückzuweisen, wie der sie heute in Kairo diktiert habe.

Für eine Sprecherin der Siedlung Ofra im Westjordanland, Aliza Herbst, zeige die moderne Geschichte, dass die muslimische Welt Krieg gegen den Westen führe. "Obamas Friedensvision klingt schön, ist aber nicht realistisch."

Ulrich W. Sahm

Ulrich W. Sahm

Der Nahe Osten ist sein Metier. Ulrich W. Sahm berichtet seit Mitte der 1970er Jahre aus der Region. Er ist  immer auf der Suche nach der Geschichte hinter der Nachricht.

Quelle: ntv.de

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