Dossier

Ägypter spekulieren Ende der Ära Mubarak?

Husni Mubarak räumt möglicherweise seinen Posten.

Husni Mubarak räumt möglicherweise seinen Posten.

(Foto: dpa)

Die Ägypter kennen in diesen Tagen vor allem zwei Gesprächsthemen: die Schweinegrippe und die Spekulationen über einen möglichen Rücktritt von Präsident Husni Mubarak. Beides macht den Menschen am Nil Angst. Die Schweinegrippe beunruhigt sie, weil die Verbreitung des Virus in der drangvollen Enge der Metropole Kairo kaum einzudämmen wäre. Die Frage der Präsidentennachfolge klingt für viele bedrohlich, weil sie Angst vor einem Machtkampf mit ungewissem Ausgang haben. Als aussichtsreichste Kandidaten gelten bislang der Geheimdienstchef Omar Suleiman und Präsidentensohn Gamal Mubarak.

Für eine Nachfolge kommen Mubaraks Sohn Gamal ...

Für eine Nachfolge kommen Mubaraks Sohn Gamal ...

(Foto: dpa)

Präsident Mubarak (81) selbst hat bisher offiziell nie von Rücktritt gesprochen. Doch in den vergangenen Wochen häuften sich die Hinweise darauf, dass sich seine nun fast schon 28 Jahre andauernde Amtszeit dem Ende zuneigen könnte. Ägyptische Handy-Nutzer erhielten diese Woche eine SMS, in der auf einen Blog hingewiesen wird, der sich für den Geheimdienstchef Suleiman als neuen Präsidenten stark macht. Im Internet-Netzwerk Facebook haben sich zwei Gruppen formiert, die eine Kandidatur von Gamal Mubarak unterstützen, der schon jetzt zu den einflussreichsten Funktionären der regierenden Nationaldemokratischen Partei (NDP) gehört.

Militär vs. Geschäftswelt

Suleiman genießt nach Einschätzung ägyptischer Beobachter die Sympathie des Militärs. Als Mubaraks "Mann für heikle Missionen" und als Stratege im Anti-Terror-Kampf soll er auch in Washington Punkte gesammelt haben. Der wenig charismatische Präsidentensohn wird dagegen von der Kairoer Geschäftswelt favorisiert, weil sein Partei-Flügel in den vergangenen fünf Jahren eine Reihe marktwirtschaftlicher Reformen durchgesetzt hat.

... und der Geheimdienstchef Omar Suleiman in Frage, ...

... und der Geheimdienstchef Omar Suleiman in Frage, ...

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Auch die ansonsten wenig schlagkräftige ägyptische Opposition ist nun aufgewacht. Die Muslimbruderschaft, die mit 88 Sitzen nach der NDP die stärkste Fraktion im Parlament stellt, will zwar bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2011 keinen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken. Die Islamisten haben jedoch angekündigt, sie wollten im Wahlkampf - wenn sich denn ein ernsthafter Gegenkandidat für Mubarak finden sollte - eine "Empfehlung" abgeben. Die linken und liberalen Parteien suchen derweil nach einem geeigneten Kompromisskandidaten, den sie gemeinsam unterstützen wollen.

Unabhängiger Geist

Sie haben Mohammed al-Baradei ins Gespräch gebracht, der im kommenden November sein Amt als Chef der internationalen Atomenergiebehörde niederlegt. Er ist Träger des Friedensnobelpreises und gilt als unabhängiger Geist. Zu den Spekulationen über seine politische Zukunft hat er sich bisher aber nicht geäußert.

... aber auch El Baradei wird als möglicher Kandidat gehandelt.

... aber auch El Baradei wird als möglicher Kandidat gehandelt.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Doch wenn überhaupt jemand gegen Mubarak antreten wollte, dann müsste es wohl ein Kandidat sein, der über die Parteigrenzen hinaus Zustimmung findet. Denn mit der Verfassungsänderung von 2005 ist die Hürde für einen Präsidentschaftskandidatur noch höher geworden. Jeder Bewerber muss die Unterstützung von insgesamt 300 Abgeordneten des Parlaments, der zweiten Kammer und der Kommunalräte haben. Für jemanden wie Eiman Nur, der bei der Präsidentschaftswahl von 2005 mit rund acht Prozent Zweiter hinter Husni Mubarak geworden war, wäre dies wohl kaum zu erreichen.

Mubarak ist erstaunlich fit

Diejenigen Gegner Mubaraks, die hoffen, dass der "Pharao" bald aus gesundheitlichen Gründen aufgeben wird, wurden in diesem Sommer zum wiederholten Male enttäuscht. Zwar sah Mubarak bei einigen Terminen sehr schlecht aus. Aus seinem Umfeld war jedoch zu erfahren, dass es die Trauer um seinen zwölfjährigen Enkel war, der im vergangenen Mai überraschend gestorben war. "Sein Tod hat ihn sehr, sehr mitgenommen", sagt eine Beobachterin, "er hat sich aber inzwischen wieder gefangen." Ein Diplomat bemerkt: "Für sein Alter ist Mubarak erstaunlich fit - auch wenn es einen Aufzug gibt, benutzt er oft lieber die Treppe."

Quelle: ntv.de, Anne-Beatrice Clasmann, dpa

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