Dossier

Brown gegen Cameron England bekommt seinen Wahlkampf

Er soll motzen, mobben und agressiv sein. Aber das amüsiert die Wähler nur: Brown ist als Premier wieder im Rennen. Und Cameron muss sich einem "echten" Wahlkampf stellen.

Cameron hatte sich schon als Sieger gesehen, ...

Cameron hatte sich schon als Sieger gesehen, ...

(Foto: dpa)

Eigentlich sah alles ziemlich easy aus für David Cameron. Fast schon sicher war er sich, als künftiger Premierminister Großbritanniens seine Umzugskartons in die Downing Street schleppen zu können. Jetzt aber muss der erst 43 Jahre alte Top-Kandidat der konservativen Tories für die Parlamentswahlen im Frühsommer doch noch in einen "echten Kampf" ziehen, wie er selber zugab. Monatelang waren die Umfragewerte auf seiner Seite. Der Sieg der Tories nach 13 Jahren Opposition schien in greifbarer Nähe. Doch dann geschah das Wunder: Amtsinhaber Gordon Brown und seine Labour-Partei legten wieder zu.

In der letzten Umfrage waren sie sogar nur noch zwei Punkte vom Konkurrenten entfernt. Statt der gewohnten Champagnerlaune war vielen Tories beim Parteitreffen am Wochenende in Brighton denn auch eher nach der beruhigenden Wirkung eines Brandys zumute. Die Tories kriegen Bammel.

... aber jetzt ist mit Brown wieder zu rechnen.

... aber jetzt ist mit Brown wieder zu rechnen.

(Foto: REUTERS)

Dabei war Camerons Taktik, sich als Modernisierer im Stile Tony Blairs darzustellen, lange aufgegangen. Seine Parolen handelten vom "change" - einem nötigen Wandel. Statt der männerdominierten Partei mit altbackenem Ruf - letzter Tory-Premier war der eher grau wirkende John Major gewesen - sollten die Tories als moderne Alternative erscheinen. Aber der ehemalige PR-Manager und Absolvent der Elite- Ausbildungsstätten Eton und Oxford gilt vielen als zu glatt.

Cameron liefert Aussagekräftiges

Zwar schrieb etwa die konservative "Times" den Tories Mut zu, dass eine einzige Umfrage nicht überbewertet werden dürfe: "David Cameron hat eine aussagekräftige Analyse über die Missstände des Landes geliefert. Brown hingegen, Premierminister und Labourchef, hat seine Vision der Dinge noch nicht der Öffentlichkeit präsentiert. Er scheint sich vorläufig damit zu begnügen, die Kompetenzen der Konservativen anzuzweifeln." Cameron aber ging in die Offensive und beichtete: "Wir wissen alle, dass die Briten immer noch viele wichtige Fragen haben, die sie uns stellen wollen. Sie wollen wissen, was für eine Partei wir sind. Sie wollen wissen, wofür wir stehen. Und sie wollen einige Dinge über mich wissen."

Wer wird hier bald Hausherr sein?

Wer wird hier bald Hausherr sein?

(Foto: REUTERS)

Genau das wird Cameron regelmäßig vorgeworfen: Dass nicht klar ist, wofür er und seine Partei überhaupt stehen. Und wie sie gegen die hohe Arbeitslosigkeit und die Rekordschulden vorgehen wollen, die Browns Amtszeit zu ihrem möglichen Ende hin kennzeichnen. Allerdings sagt das auch Labour nicht genau. Cameron kündigte an, dass sich die Tories nach einem Wahlsieg vor allem um Familien und Schulen, das Gesundheitssystem und die Schuldenlast des Staates kümmern wollen.

Brown hat in der Zwischenzeit sein eigenes Päckchen zu tragen. Neben Vorwürfen, er habe in der Wirtschaftskrise falsch entschieden, muss er vor allem gegen seine eigene Unbeliebtheit kämpfen. Der letzte Vorwurf, dass er angeblich seine Mitarbeiter mobbe, motzig und aggressiv sei, hat ihm allerdings scheinbar wenig geschadet. Statt sauer auf Brown zu sein, hätten sich die Wähler eher köstlich amüsiert, analysiert die Zeitung "Independent".

TV-Duelle bringen Klarheit

Der Wahlkampf ist also vor allem auch ein persönlicher - Brown gegen Cameron. Wer dabei der Stärkere ist, wird sich wohl auch bei den TV-Duellen zwischen den Kandidaten zeigen - den ersten, die in Großbritannien überhaupt stattfinden. Gemunkelt wird jetzt auch, dass Brown die Wahlen wegen der guten Stimmung für ihn doch noch früher ansetzt als geplant. Derzeit gilt der 6. Mai als wahrscheinlichster Termin. In Großbritannien darf der Premier den Wahltag selber bestimmen. Die Kommentatoren jedenfalls freuen sich, dass jetzt doch noch ein "richtiger Wahlkampf" bevorsteht - einer, in dem es nicht reicht, einfach nur das Wort "change" im Munde zu führen.

Quelle: ntv.de, Britta Gürke, dpa

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