Ende mit Lächeln Erfolgreiche Moskau-Reise
08.09.2008, 20:06 UhrDas Lächeln von EU-Ratspräsident Nicolas Sarkozy und Kremlchef Dmitri Medwedew nach strammen vier Stunden Verhandlungen zum Kaukasuskonflikt sprach Bände. Die Fortschritte in dem von gegenseitigen Drohungen geprägten Konflikt waren klar und deutlich. Innerhalb eines Monats sollen alle russischen Soldaten aus georgischem Kerngebiet verschwunden sein. Das sei das wichtigste Ziel seiner Reise, sagte Sarkozy am Montag. Im idyllischen Schloss Meiendorf bei Moskau, der Residenz des russischen Präsidenten, konkretisierten Sarkozy und Medwedew ihren bereits vor drei Wochen vereinbarten Friedensplan für Georgien.
Die sechs Punkte in dem ursprünglichen Papier der beiden Staatschefs hatten international für Streit gesorgt. Russland hat unter Berufung auf das Dokument trotz Ende der Kampfhandlungen bis jetzt seine Soldaten in den "Pufferzonen" um die abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien stationiert. Die von Moskau sogenannten Friedenskräfte sollen nun abgezogen und bis 1. Oktober durch EU- Beobachter ersetzt werden. Über die russischen Soldaten in den von Moskau anerkannten Provinzen sprachen sie aber nicht.
Dennoch erreichte die EU-Spitze in Moskau vier wichtige Ziele: die Frist für den kompletten Abzug aller Soldaten, den Einsatz internationaler Beobachter, Hilfe für die Flüchtlinge und den Beginn einer internationalen Friedenskonferenz am 15. Oktober in Genf. Dort sollen weitere Probleme zur Beilegung des Konflikts und zur Zukunft der Region besprochen werden.
Russland wiederum setzte sich durch mit seiner Forderung nach einer Garantie der Europäischen Union, in Georgien für die Einhaltung des Friedens zu sorgen. Dazu sollen künftig unter dem Dach der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) auch 200 EU-Beobachter beitragen, heißt es in dem Sarkozy-Medwedew-Plan.
Zwar verurteilte Sarkozy erneut Russlands einseitige Anerkennung der Unabhängigkeit von Abchasien und Südossetien. "Aber es ist jetzt so, als wenn man Eier aufgeschlagen und daraus ein Omelett gemacht hat. Es ist schwer, daraus wieder Eier zu machen", formulierte es ein hochrangiger EU-Diplomat am Rande des Treffens. Auf neue Drohungen oder Vorwürfe verzichteten beide Seiten. Gleichwohl kündigte Medwedew an, sehr bald diplomatische, militärische und wirtschaftliche Beziehungen zu Abchasien und Südossetien aufzunehmen.
"Wir sind hier, um die Gespräche zu beginnen", sagte Sarkozy. Im Prinzip könnten auch die wegen des Konflikts auf Eis gelegten Verhandlungen für ein neues EU-Partnerschaftsabkommen mit Russland fortgesetzt werden, meinte der französische Präsident. Dass dem so sei, bestätigte auch die Anwesenheit von EU-Kommissionspräsident Jos Manuel Barroso und EU-Chefdiplomat Javier Solana. Die Verhandlungen seien "fruchtbar und positiv" verlaufen, lobte Sarkozy nach einem gemeinsamen Essen mit Medwedew, bei dem beide Seiten nach Kremlangaben "bis zum süßen Dessert" zusammensaßen.
"Die EU hat den Waffenstillstand im Kaukasus erreicht", zeigte sich Sarkozy vor seiner verspäteten Weiterreise zum georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili sichtlich erleichtert. Westliche Diplomaten werteten die Mission von Sarkozy als Erfolg für die EU- Politik, die sich vor allem gegen die USA abgrenzen könne. Die EU werde in dem Konflikt als "ehrlicher Makler" unter den zerstrittenen Weltmächten USA und Russland wahrgenommen, hieß es.
An Russland ist es nun, die Fristen in dem Papier einzuhalten, um möglichem neuen Streit mit der EU aus dem Weg zu gehen. Medwedew warnte, Saakaschwili schrecke vor neuer Gewalt nicht zurück, um die völkerrechtlich zu seinem Land gehörenden Provinzen zurückzuerobern. Der Kremlchef betonte, die Situation sei unumkehrbar. Befürchtungen wegen eines russischen "Landhungers", mit dem sein Land neue Grenzen ziehen wolle, wies Medwedew allerdings zurück. Lächelnd versicherte er: "Wir ändern keine Grenzen; das brauchen wir nicht."
Von Ulf Mauder, dpa
Quelle: ntv.de