Dossier

Merz, Roth, Wieczorek-Zeul Europa als Karriere-Sprungbrett

Der Weg zur Macht führt nur selten über Straßburg und Brüssel. Aber einige bekannte Ausnahmen bestätigen die Regel.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Der Weg zur Macht in Deutschland kann lang und steinig sein. Meist führt er über die hinteren Bänke in einem Landtag oder im Bundestag - das Europaparlament dient dagegen nur selten als Karriere-Sprungbrett. Weil die Straßburger Volksvertretung der Öffentlichkeit "nicht sexy genug" ist, wie Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering (CDU) kürzlich einräumte, bietet es Politikern nur wenig Möglichkeiten zur Profilierung für eine Spitzenposition in Deutschland. Doch es gibt prominente Ausnahmen.

Zu den Politikern, die ihre Parlamentskarriere in Straßburg begannen, zählen: der frühere Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Friedrich Merz, Ex-FDP-Chef Martin Bangemann, die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth, Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) und einige Landesminister. Grünen-Chef Cem Özdemir begann seine Laufbahn zwar im Bundestag, wurde im November 2008 aber als EU-Abgeordneter an die Spitze der Partei gewählt. Er hatte den Bundestag nach einer Bonusmeilenaffäre 2002 verlassen. In Straßburg schuf er sich seit 2004 fernab vom Scheinwerferlicht ein neues, ernsteres Profil als Außenpolitiker.

Özdemirs Co-Vorsitzende Roth und der frühere FDP-Chef Bangemann empfahlen sich beide im Straßburger Parlament für höhere Ämter. Roth profilierte sich dort von 1989 bis 1998 als hartnäckige Menschenrechtsexpertin. Von 1994 bis zu ihrem Einzug in den Bundestag 1998 stand sie sogar an der Spitze der europäischen Grünen-Fraktion. Bangemann führte in den ersten fünf Jahren nach Einführung der Direktwahl (1979-1984) die Fraktion der europäischen Liberalen. Erst als die FDP bei der Europawahl 1984 mit ihm als Spitzenkandidat an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte, wechselte er nach Bonn und wurde 1985 Parteichef und Bundeswirtschaftsminister. Als Mitglied der Kommission kehrte Bangemann 1989 zur EU zurück.

Merz als typischer Hinterbänkler

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Anders als Roth und Bangemann war Merz - jüngst als möglicher neuer EU-Kommissar im Gespräch - in der EU-Volksvertretung (1989-1994) eher der typische Hinterbänkler. Nach fünf Jahren, in denen er dem Wirtschaftsausschuss und einer Delegation für die Beziehungen zum Kleinstaat Malta angehörte, verließ Merz 1994 das Europaparlament wieder und kandidierte für den Bundestag.

Wieczorek-Zeul und Tillich profitierten nach ihrem Wechsel in die deutsche Politik maßgeblich von ihren Straßburger Erfahrungen: Die "rote Heidi", 1979 erstmal nach "Europa" gewählt, übernahm nach ihrem Einzug in den Bundestag 1987 das Amt der europapolitischen Sprecherin ihrer Fraktion. Tillich wiederum dürfte 1999 auch deshalb zum sächsischen Staatsminister für Europa-Angelegenheiten berufen worden sein, weil er zuvor als führender Abgeordneter im Haushaltsausschuss des Europaparlaments die Untiefen der EU-Bürokratie kennengelernt hatte.

Quelle: ntv.de, Daniel Kirch, dpa

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