Köhlers Mehrheit schwindet Exoten bei der P-Wahl
18.03.2009, 13:01 UhrFürstin Gloria von Thurn und Taxis ist immer für eine Überraschung gut. "Sie sind eine wunderbare Frau. Ich habe Sie gewählt", sagte die 49-Jährige am 23. Mai 2004 zu Gesine Schwan und fiel ihr um den Hals. Das berichten zumindest einige SPD-Abgeordnete, die dabei waren. Dumm gelaufen war es nur für die Union: Die Fürstin sollte bei der Wahl des Bundespräsidenten eigentlich Horst Köhler wählen und nicht die SPD-Kandidatin Schwan. Dafür hatte CSU-Chef Stoiber die einstige Punk-Prinzessin damals in die Bundesversammlung geschickt. In diesem Jahr tritt der amtierende Präsident Köhler erneut gegen Schwan an. Doch das Stimmenverhältnis zu seinen Gunsten wird immer knapper. Die Parteien überlegen sich daher genau, wen sie diesmal zur Wahl des Staatsoberhauptes schicken.
Den ersten Mann im Staat wählen nämlich nicht nur Politiker sondern auch Sportler und Unternehmer, Schauspieler und Wissenschaftler. "Man verspricht sich davon, alle gesellschaftlichen Gruppen einzubinden und auch eine gewisse Aufmerksamkeit für die Wahl", erläutert der Berliner Parteienforscher Oskar Niedermayer. Einige illustre Kandidaten für die diesjährige Wahl stehen bereits fest, etwa die frühere Box-Weltmeisterin Regina Halmich, Schauspieler Walter Sittler ("Nikola"), Handball-Bundestrainer Heiner Brand oder "Prinzen"-Frontmann Sebastian Krumbiegel.
Köhler braucht absolute Mehrheit von Union und FDP
Sie alle werden von den Landtagsfraktionen der Parteien nominiert und von den Landesparlamenten gewählt. Bei eigenen Mitgliedern könnten sich die Parteien eher darauf verlassen, dass sie als Wahlmann oder -frau im Sinne der Partei wählen, sagt Niedermayer, "bei den anderen besteht immer die Gefahr, dass sie dem falschen Kandidaten ihre Stimme geben."
Damit Köhler seine Amtszeit fortsetzen kann, brauchen Union und FDP in den ersten beiden Wahlgängen die absolute Mehrheit in der Bundesversammlung. Bei 1224 Sitzen beträgt die 613. Zurzeit kommt Schwarz-Gelb jedoch nur auf 605 Stimmen. Mehr denn je ist Köhler also auf die Gunst der zehn Freien Wähler aus Bayern angewiesen. Deren Vorzeigepolitikerin Gabriele Pauli, frühere CSU-Rebellin und Landrätin, verzichtete auf die Teilnahme an der Bundesversammlung, nachdem ihre neue Partei sie festlegen wollte. "Wenn von mir erwartet wird, dass ich Horst Köhler wähle, dann fahre ich nicht nach Berlin", begründete Pauli ihre Absage.
"Je knapper die Mehrheiten sind, desto sorgfältiger überlegen die Parteien, wen sie zur Wahl schicken", sagt Niedermayer. Bei den kooptierten Vertretern der CSU will Partei-Chef Horst Seehofer daher auf Nummer sicher gehen. Anfang des Jahres sagte er, man werde in diesem Jahr nicht auf "Paradiesvögel" setzen und jeder wusste, dass er damit die Fürstin Gloria meinte.
Blamage für die CDU
Die CDU in Baden-Württemberg nominierte kurzerhand das derzeitige Staatsoberhaupt selbst. Horst Köhler werde sich die eigene Stimme wohl kaum verwehren, mag man sich in Stuttgart gedacht haben. Doch dann die Enttäuschung: "Als amtierender Bundespräsident möchte er diese ehrenvolle Aufgabe nicht wahrnehmen", beschrieb ein Sprecher Köhlers dankende Ablehnung.
Im sächsischen Landtag gab es ebenfalls Probleme. Einige CDU-Abgeordnete hatten ihre Stimmzettel nicht richtig ausfüllt. Sie machten ihr Kreuzchen an mehreren statt nur an einer Stelle und damit wurden die Wahlzettel ungültig. Dadurch kann die CDU nun zwei Vertreter weniger zur Wahl schicken, als ihr eigentlich zuständen. "Ich hatte gemeint, es ist ausreichend erklärt worden", ärgerte sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Steffen Flath. Der Fraktionschef der FDP im Dresdner Parlament, Holger Zastrow, sprach von einer "unglaublichen Blamage".
Dieses Jahr werden in der Bundesversammlung, die sich jeweils zur Hälfte aus Abgeordneten des Bundestags und aus Delegierten der Landtage zusammensetzt, daher wohl weniger Exoten sitzen. Einige Promis bleiben trotzdem übrig. So stimmt die deutsch-israelische Schriftstellerin Inge Deutschkron genauso ab wie die Verlegerin Friede Springer, die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, oder Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Auch Sterne-Koch Harald Wohlfahrt verlässt im Mai seine Töpfe und fährt zur Wahl nach Berlin. Bis Ende März müssen die Länder ihre Kandidaten bestimmt haben. Gloria von Thurn und Taxis wird dieses Mal mit ziemlicher Sicherheit nicht als Wahlfrau dabei sein - es sei denn die SPD stellt sie diesmal auf.
Catherine Simon, dpa
Quelle: ntv.de