Im Zeichen der Koalitionsdebatten FDP-Bundesparteitag
13.05.2009, 16:21 UhrWenn die FDP am Wochenende in Hannover zu ihrem Bundesparteitag zusammenkommt, findet sie sich in einer schwierigeren Lage als noch vor einigen Wochen zu beobachten. Ihr Höhenflug in den Umfragen hat sich etwas abgebremst, derzeit sehen die Demoskopen keine Mehrheit für Schwarz-Gelb. Bei den Unwägbarkeiten über die künftigen Mehrheitsverhältnisse wollen die Liberalen in Hannover wenigstens inhaltlich Klarheit schaffen. Ihr Wahlprogramm stellt die Forderung nach weitreichenden Steuersenkungen in den Mittelpunkt.
Neu gewählt wird in Hannover zudem die Parteiführung mit dem Vorsitzenden Guido Westerwelle. Der Partei- und Fraktionschef lässt zwar keine Gelegenheit aus, für ein schwarz-gelbes Bündnis nach der Bundestagswahl am 27. September zu werben. Doch Westerwelle vermisst bislang ein unzweideutiges Bekenntnis seines Wunschpartners. Die Union halte sich bislang die Hintertür für eine Neuauflage der großen Koalition offen, wirft er CDU und CSU vor. Parteivize Andreas Pinkwart wird da noch deutlicher: "Von der Taktiererei der Bundeskanzlerin bin ich enttäuscht." Er findet, dass es Merkel versäumt hat, auf die FDP zuzugehen.
Andererseits wollen die Liberalen auch von einer Ampelkoalition mit SPD und Grünen nichts wissen. Parteivize Cornelia Pieper schließt ein solches Dreierbündnis sogar "eindeutig" aus - was Westerwelle aber wiederum nicht macht. Auch wenn er an SPD und Grünen kein gutes Haar lässt und derzeit keine gemeinsame Grundlage sieht, verzichtet er bislang auf eine endgültige Absage.
Wahlprogramm steht im Mittelpunkt
Ein "Jamaika"-Bündnis mit Union und Grünen wiederum scheint schon deshalb nicht in Frage zu kommen, weil letztere das ausgeschlossen haben. So spricht Westerwelle auch schon mal die Möglichkeit an, dass es am 27. September schief gehen könnte mit der Regierungsbeteiligung. "Wenn die Wähler anders entscheiden, als wir es uns wünschen, arbeite ich auch in der Opposition weiter für eine bessere Politik."
In Hannover wird Westerwelle zwar abermals ein Bekenntnis zu Schwarz-Gelb ablegen, auf eine offizielle Koalitionsaussage aber verzichten. Eine solche soll es auf einem weiteren Parteitag eine Woche vor der Bundestagswahl im September geben. Da hat der Parteichef dann immer noch die Möglichkeit, der "Ampel" doch eine definitive Absage zu erteilen.
Offiziell im Mittelpunkt des Hannoveraner Parteitages wird das Bundestagswahlprogramm stehen, über das die 662 Delegierten am Sonntag abstimmen müssen. Darin fordern die Liberalen ein vereinfachtes Steuersystem, das die Bürger um 30 bis 35 Milliarden Euro entlasten soll. Konkret schlägt die FDP einen Drei-Stufen-Tarif von zehn, 25 und 35 Prozent sowie einen Grundfreibetrag in Höhe von 8004 Euro pro Bürger vor. Dieser Freibetrag soll sowohl für Erwachsene als auch für Kinder gelten.
Keine großen Kontroversen erwartet
Die FDP schlägt außerdem ein pauschales Bürgergeld in Höhe von 662 Euro für Alleinstehende vor, in dem Kosten für Unterkunft und Heizung der bisherigen ALG-II-Empfänger einbezogen sind. Schließlich plädieren die Liberalen für eine Einschränkung des Kündigungsschutzes und wenden sich gegen gesetzliche Mindestlöhne. Große Kontroversen über das Programm sind in Hannover nicht zu erwarten. Allerdings könnten Forderungen aufkommen, die Steuervorschläge abzuschwächen. Dies wiederum dürfte aber kaum eine Mehrheit finden.
Wenig Spannung versprechen die Wahlen zu den Führungsgremien, die ab Freitag anstehen. Das Präsidium mit Westerwelle und seinen drei Stellvertretern Rainer Brüderle, Pinkwart und Pieper stellt sich in der bisherigen Zusammensetzung zur Wiederwahl. Damit demonstriert die Partei personelle Kontinuität, denn das Gremium steht in dieser Zusammensetzung bereits das zweite Mal zur Wiederwahl an. Ein potenzieller Gegenkandidat für die Präsidiumsmitglieder hat unterdessen abgewunken. Der hessische Landeschef Jörg-Uwe Hahn verzichtet auf seine ursprünglich geplante Kandidatur - und zwar auf Bitte Westerwelles, wie er ausdrücklich betont.
Quelle: ntv.de, Jürgen Petzold, AFP