Wahrhaftig ein "Heidenspaß" Ferkel-Buch entgeht Index
06.03.2008, 17:37 UhrFerkel und Igel dürfen weiter nach Gott suchen: Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien sieht keinen Grund, das Buch "Wo bitte geht's zu Gott?, fragt das kleine Ferkel" auf den Index zu setzen. Das Buch sei nicht als antisemitisch einzustufen, hieß es nach der Gremiensitzung in Bonn. Zwar werde in dem Buch Religionskritik geübt und der Inhalt verletze möglicherweise das religiöse Empfinden der Gläubigen der drei dargestellten Religionen. Das aber stelle "keinen Tatbestand der Jugendgefährdung" dar.
Beantragt hatte die Überprüfung das Bundesfamilienministerium. Es argumentierte, das Werk enthalte antisemitische Tendenzen und mache die drei großen monotheistischen Weltreligionen Christentum, Islam und das Judentum verächtlich. Die drei Religionen würden der Lächerlichkeit preisgegeben und insbesondere das Judentum als besonders Angst einflößend und grausam dargestellt. Ja, es werde der Eindruck erweckt, "dass die jüdische Glaubensgemeinschaft andere Religionsgemeinschaften vernichten will".
"Verleumdet" gleichermaßen
Der Zentralrat der Juden allerdings argumentierte anders. "Der Meinung, das Buch sei antisemitisch, kann man so nicht folgen, da es gleichermaßen alle drei großen monotheistischen Religionen verleumdet", heißt es in einer Stellungnahme des Generalsekretärs des Zentralrats, Stephan Kramer. Ziel des "Machwerks" aber sei es, Kindern jedweden Gottesglauben zu vergraulen. Meinungs- und Kunstfreiheit seien wichtig, sie dürften aber auch nicht missbraucht werden. Ein solcher Missbrauch liege hier vor.
Ob die im Buch geübte Religionskritik geschmacklos ist, darüber lässt sich streiten. Nach Ansicht des Humanistischen Verbandes Deutschland (HVD) verfolgt die Schrift das Ziel, insbesondere die gewalttätigen und negativen Seiten der Religionen in den Vordergrund zu rücken. Das sei legitim. Der HVD habe aber Zweifel, ob das Buch bei Kindern und Jugendlichen wie gewollt ankomme. Kinder verstünden Satire erst ab einem bestimmten Alter. Daher habe der Verband das Buch in dem von ihm geleiteten Kindertagesstätten und im Lebenskundeunterricht nicht empfohlen. Natürlich stehe es aber allen Eltern frei, ihren Kindern das Buch nahe zu bringen.
Die Geschichte in dem 20-seitigen Buch erzählt von einem Ferkel und einem Igel, die ein Plakat mit der Aufschrift "Wer Gott nicht kennt, dem fehlt etwas!" entdecken. Die beiden machen sich auf den Weg, um Gott zu suchen.
Für Konfessionslose
Einen "Heidenspaß für Groß und Klein" verspricht der Alibri-Verlag im Klappentext des Buches. "Geeignet für alle, die sich nichts vormachen lassen", lautet der Untertitel. Das Werk sei für konfessionslose Eltern gedacht, die ihren Kindern eine religionskritische Sicht vermitteln wollten, sagt Verlagschef Gunnar Schedel.
Schedel, Autor Michael Schmidt-Salomon und Illustrator Helge Nyncke jedenfalls atmeten nach der Bonner Entscheidung tief durch. Von einem "Sieg des gesunden Menschenverstands" war die Rede. Es habe sich ausgezahlt, dass sie in einer 68-seitigen Verteidigungsschrift den aufklärerischen Charakter des Buches detailliert dargelegt hätten. "Alles andere als ein Freispruch wäre ein Skandal gewesen", sagte Schmidt-Salomon. Eine offene Gesellschaft könne es sich nicht leisten, religiöse Gefühle unter Denkmalschutz zu stellen. Nyncke meinte, "jetzt darf endlich ganz offiziell in unseren Kinderbüchern auch über Religion wieder nachgedacht und gelacht werden".
Von Günter Wächter, dpa
Quelle: ntv.de