Dossier

Sturm im Wasserglas Geheimgespräche nichts Neues

von Ulrich W. Sahm, Jerusalem

Die Veröffentlichung eines vermeintlichen "Friedensabkommens" zwischen Israel und Syrien verursachte vor allem einen Sturm im Wasserglas. Unter Vermittlung eines namentlich nicht genannten europäischen Diplomaten verhandelte der Ex-Generaldirektor des israelischen Außenministeriums, Alon Liel, mit einem Amerikaner syrischer Abstammung, Ibrahim (Abe) Suleiman. Die Initiative zu diesen Geheimkontakten ist angeblich vom syrischen Präsidenten Baschar Assad ausgegangen und vom damaligen israelischen Premierminister Ariel Scharon abgesegnet worden.

Seit der Veröffentlichung des "Friedenplans" in der linksgerichteten Zeitung "Haaretz" mitsamt einem Friedenspark auf den Golanhöhen, einer Auflösung der israelischen Siedlungen und einem Rückzug zur alten Waffenstillstandslinie mehren sich auf israelischer Seite die Dementis. Auch Damaskus veröffentlichte ein Dementi. Dov Weisglas, engster Vertrauter Scharons, behauptet, dass Lion "niemals" von Scharon in offizieller Funktion zu den Kontakten mit den Syrern geschickt worden sei. Das Büro von Ministerpräsident Ehud Olmert dementiert, über die Gespräche "unterrichtet" worden zu sein, wie in "Haaretz" behauptet. Der ehemalige Außenminister Silvan Schalom bestätigt zwar, dass es "Fühler" gegeben habe, aber keine Gespräche.

Zwischen Syrien und Israel hat es in der Vergangenheit schon mehrmals Verhandlungen gegeben, aber kein öffentliches Händeschütteln der Vertreter beider tief verfeindeten Länder. Unter Jizhak Rabin und Hafez el Assad, dem Vater des heutigen syrischen Präsidenten, waren beide Seiten schon nahe dran, einen voll ausgehandelten Vertrag zu unterzeichnen. Doch in letzter Minute scheiterten die Verhandlungen an Details. Angeblich forderten die Syrer einen israelischen Rückzug bis zur Waffenstillstandslinie, wie sie bis 1967 existierte, während Israel auf einem Rückzug zur "internationalen Grenze" bestand, wie er zwischen Briten und Franzosen in den zwanziger Jahren festgelegt worden ist. Zwischen beiden Linien stehen entscheidende 10 Meter und die Frage, ob Syrien Zugang zum See Genezareth erhält, dem größten Süßwasserreservoir Israels.

Auch unter Ehud Barak, dem Vorgänger Scharons im Amt des israelischen Premierministers, hatte es geheime Verhandlungen gegeben. Doch diese Gespräche scheiterten, weil die Syrer darauf pochten, sie an der Stelle fortzuführen, wo sie unter Rabin abgebrochen worden seien. Das verweigerten die Israelis mit dem Argument, dass es keine schriftlichen Protokolle der früheren Geheimgespräche gebe.

Die Möglichkeit von Verhandlungen zwischen Israel und Syrien wird regelmäßig diskutiert. Experten halten das Bündnis zwischen dem islamistischen Iran und dem säkularen Syrien für "unnatürlich" und schlugen vor, Syrien durch einen Frieden mit Israel da "herauszuschälen", um so auch den Kontakt zwischen Iran und der libanesischen Hisbollah über den Flughafen von Damaskus zu unterbrechen. Israel wirft Syrien vor, palästinensischen Extremisten in Damaskus eine Basis zu bieten und den Dschihad Islami finanziell, politisch und militärisch zu unterstützen.

Vor wenigen Tagen erklärte Olmert, dass Präsident Assad seine Telefonnummer kenne und genau wisse, was er zu tun habe, wenn er seinem "Friedenswunsch" mit Israel Glaubwürdigkeit verschaffen wolle. Assad wird von den Amerikanern boykottiert und isoliert, wegen mutmaßlicher Mordanschläge des syrischen Geheimdienstes in Libanon und weil über Syrien Terroristen nach Irak geschleust werden. Während Olmert, so die Beobachter, zu diesem Zeitpunkt, hinter dem Rücken der Amerikaner keine Avancen in Richtung Syrien machen wolle, versuche Assad, sich mit allen Mitteln aus der politischen wie wirtschaftlichen Schlinge zu befreien, die sich teilweise durch eigenes Verschulden um seinen Hals gelegt hat.

Quelle: ntv.de

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