Dossier

Krisenfeste Finanzarchitektur gesucht Gipfel unter Erfolgsdruck

Das Ziel ist klar, aber der Weg muss noch abgesteckt werden. Wenn sich die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrienationen am 2. April zum Weltfinanzgipfel in London treffen, wollen sie die größte Reform der globalen Finanzarchitektur unter Dach und Fach bringen. Nie mehr soll es Krisen geben, deren Schockwellen die Säulen des Systems zum Einsturz bringen können.

Seit Monaten arbeiten internationale Arbeitsgruppen unermüdlich hinter den Kulissen, treffen sich Finanzminister und Regierungschefs in kleineren und größeren Runden, um den Erfolg des Gipfels zu sichern. Und der Erwartungsdruck ist enorm: Ein Scheitern des Gipfels mitten in der Rezession wäre eine politische Bankrotterklärung.

Trotz aller guten Vorsätze und zur Schau getragenen Einigkeit war der Weg zum Gipfel steinig. Zu verschieden sind die Bedingungen in den Heimatländern der Gipfelteilnehmer, zu unterschiedlich die Rezepte im Kampf gegen die Wirtschaftskrise, als dass alle großen Industrienationen und Schwellenländer bisher im Gleichschritt marschiert wären.

Internationalen Währungsfonds solle besser ausgestatten werden

Schon innerhalb Europas zogen die Regierungschefs nicht immer an einem Strang, zwischen Europa und den USA gab es unüberhörbare Meinungsverschiedenheiten. Und dann sitzen noch so unterschiedliche Länder wie China, die Türkei, Japan, Indonesien oder Brasilien mit am Tisch. Die einen wollen mehr Impulse für die Wirtschaft, die anderen mehr Kontrolle, wieder andere wollen mehr Mitsprache in internationalen Gremien.

Trotz so vieler Architekten für die neue Wirtschaftsordnung klingen die Vorsätze auf den ersten Blick recht einheitlich: Mehr Kontrolle der Finanzmärkte, mehr Geld für den Währungsfonds, mehr Kredite für die darbende Wirtschaft, mehr Hilfe für Entwicklungsländer und mehr internationale Krisenbewältigung soll es künftig geben. Aber wenn man sich in Kernpunkten - wie der Frage nach weltumspannenden neuen Konjunkturpaketen - zuletzt nicht einigen konnte, wurden solche Streitpunkte zwischen den USA und Europa erstmal zur Seite geschoben.

Diese Wegschiebe-Taktik dürfte sich beim Gipfel verbieten, wenn sich das Treffen nicht in allgemeinen Absichtserklärungen erschöpfen soll. Relativ klar ist, dass die G20 den Internationalen Währungsfonds finanziell deutlich besser ausstatten wollen. Eindeutig haben sich auch alle gegen jegliche Formen von Marktabschottung ausgesprochen. Bei der Frage zusätzlicher Finanzspritzen sind die Fronten zwischen Europa und den USA so verhärtet, dass es wohl zu keiner G20-weiten Lösung kommen wird.

Obamas Auftritt mit Spannung erwartet

Bei den anderen generellen Plänen ist die Ausgestaltung noch offen. Wie weit soll die Kontrolle des Finanzmarkts und seiner einzelnen Produkte gehen? Dürfen internationale Kontrollgremien Ländern Vorschriften machen und müssen diese sich daran halten? Was sind die richtigen Mittel, das lahmende Kreditgeschäft der Banken und die Konjunktur wieder anzukurbeln?

Und dann ist da noch der mit Spannung erwartete erste Europa-Auftritt von Barack Obama als amtierender US-Präsident. Abzuwarten bleibt, wie sehr er den Finanzmarkt seiner Heimat für Kontrollen öffnet und ob er den Europäern noch irgendwelche Zugeständnisse für finanzielle Impulse abringen kann.

Eine wichtige Rolle kommt Großbritanniens Premierminister Gordon Brown zu. Als Gastgeber der Runde ist er gleichzeitig Moderator und Vermittler, der Abweichler auf Linie bringen muss. Und vielleicht ist es angesichts dramatisch schlechter Umfragewerte auch Browns letzte Chance, die Briten vor der nächsten Parlamentswahl zu überzeugen, dass er der richtige Krisenmanager für das Königreich ist.

Seine Amtskollegen werden es Brown dabei im Zweifel nicht leicht machen. Auch sie werden von ihren Landsleuten beobachtet und daran gemessen, welches Ergebnis der Gipfel für sie bringt. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy dürfte noch die Proteste gegen seine Krisenpolitik in der Heimat im Ohr haben. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel will im September eine Wahl gewinnen.

Quelle: ntv.de, Thomas Pfaffe, dpa

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