Dossier

Das Holocaust-Mahnmal Großer Andrang

Dorit aus Israel findet klare Worte. "Wir schätzen es wirklich, dass du, Deutschland, jetzt unseres Volkes und unserer Familie gedenkst", hat sie ins Gästebuch des Berliner Holocaust-Mahnmals geschrieben. "Wen diese Ausstellung nicht im tiefsten Herzen berührt, der lebt nicht", notierte eine deutsche Besucherin daneben. Zwei Jahre gibt es nun das Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Der Ansturm hält an: Grob geschätzt haben zwischen sieben und acht Millionen Besucher das 19.000 Quadratmeter große Stelenfeld von Peter Eisenman besichtigt, genaue Zahlen gibt es nicht. In der ergänzenden Ausstellung - dem unterirdischen Ort der Information – wurde Ende Mai der millionste Besucher erwartet.

"Mit diesem großen Zuspruch haben wir nicht gerechnet", sagt Mahnmal-Initiatorin Lea Rosh. Am 10. Mai 2005 war das lange umstrittene Denkmal, mit dem Deutschland an das größte Verbrechen seiner Geschichte erinnert, feierlich übergeben worden. Zwei Tage später konnte das Publikum das Feld aus 2.700 Quadern, die wie ein Ozean je nach Wind und Wetter ganz unterschiedlich aussehen, erkunden. Gab es anfangs noch Schlagzeilen um "Stelen-Springer" und Rowdytum, hat sich dies mittlerweile beruhigt. "Ich finde, dass sich die Leute sehr respektabel verhalten", sagt Rosh, die dort gelegentlich Führungen leitet.

Dass sich jemand zum Sonnenbaden auf den warmen Stein legt, ist eher ein Einzelfall. Zwei Sicherheitsleute achten darauf, dass es auf dem Gelände nicht zu wild zugeht. Lehrer und Familien werden ermahnt, wenn deren Schützlinge Fangen spielen. Hakenkreuze und andere Schmierereien kommen - anders als anfangs befürchtet - selten vor, berichtet der Geschäftsführer der Mahnmals-Stiftung, Uwe Neumärker. Seit eine Ladenzeile am Rand öffnete, hält sich auch die Picknicklaune in Grenzen. Die Gastronomiebauten sind wie vieles in Berlin ein Provisorium. In zwei Jahren werden sie abgerissen, ein sieben- bis acht Etagen hoher Wohnblock dürfte folgen. Auch die gegenüberliegende amerikanische Botschaft ist noch nicht fertig.

Rund 17 Jahre vergingen und zwei Kanzler waren im Amt, bis Deutschland zwischen Brandenburger Tor und ehemaligem "Führerbunker" seinen zentralen Ort des Gedenkens bekam. Das Holocaust-Mahnmal hat seitdem allerhand Rummel ohne große Probleme überstanden. Ein kleiner Wermutstropfen: Die Bodenbeleuchtung des Feldes funktioniert nicht richtig und soll ausgewechselt werden. Als beliebtes Touristenziel und unbequeme Erinnerungsstätte hat sich das Mahnmal aber etabliert, räumen auch Kritiker ein.

Architekt Eisenman wollte bei den Stelen die Deutung so offen wie möglich lassen, Assoziationen reichen vom wogenden Getreidefeld bis zum Friedhof. So unterschiedlich wie die Besucher, so unterschiedlich sind die Deutungen: Edelhard Callies aus Bremen zum Beispiel hat die unterschiedliche Größe der 2.700 Quader, von fußhoch bis zu mehreren Metern, beeindruckt. Für ihn ein Sinnbild der NS-Zeit, als sich der Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft verbreitete. "Das war ja damals auch so, dass es klein angefangen hat."

Von Caroline Bock, dpa

Quelle: ntv.de

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