Dossier

Blitzbesuch in Kundus Guttenbergs steiniger Weg

Zu Guttenberg will eine unbürokratische Lösung zur Entschädigung der Opferangehörigen finden.

Zu Guttenberg will eine unbürokratische Lösung zur Entschädigung der Opferangehörigen finden.

(Foto: AP)

Dass ein Politiker offen auf seine Kritiker eingeht - das sei selten, sagte Karl-Theodor zu Guttenberg. Der Verteidigungsminister sprach am späten Abend des 10. Dezember im ZDF mit Respekt über die Rede von US-Präsident Barack Obama zu seinem Friedensnobelpreis, in der es viel um Krieg ging. Um den Krieg in Afghanistan.

Die Zuschauer ahnten nicht, dass der CSU-Politiker direkt im Anschluss an die Live-Sendung ins Flugzeug stieg: nach Afghanistan. Auch ihm geht es um Krieg und Frieden. Der Minister reiste nach Kundus im Norden des Landes, um den dort stationierten deutschen Soldaten persönlich zu erklären, warum er den Luftangriff vom 4. September mit weit über 100 Toten und Verletzten erst als richtig und dann als falsch bezeichnete. Der Weg in dieses Feldlager ist für Guttenberg nicht nur im Wortsinn lang und steinig.

Neubewertung ohne Begründung

Der Verteigungsminister steht unter Druck, ...

Der Verteigungsminister steht unter Druck, ...

(Foto: AP)

Gerade im Amt hatte er am 6. November die von einem deutschen Oberst angeordnete Bombardierung zweier von Taliban gekaperter und in einem Flussbett steckengebliebener Tanklastwagen trotz Verfahrensfehlern militärisch angemessen genannt. Bei Soldaten kam das gut an - vom Feldwebel bis zum General. Hatte sich ihr neuer oberster Dienstherr doch trotz dieser extrem schwierigen Lage gleich quasi als "einer von ihnen" gezeigt.

Doch dann tauchten kritische Berichte der Bundeswehr auf, von denen Guttenberg nach eigenen Angaben bis dahin nichts wusste. Er machte eine 180-Grad-Wende. Aus "militärisch angemessen" wurde in der vorigen Woche "militärisch nicht angemessen". Seither wartet die Opposition auf die Begründung für die Neubewertung. Ohne Medien, dafür im Beisein der Obleute der Bundestagsfraktionen, will Guttenberg nun den Soldaten von Angesicht zu Angesicht seine Gründe nennen.

Kritik von allen Seiten

Beim ZDF saß auch der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete und Afghanistan-Kenner Jürgen Todenhöfer. Er kritisierte scharf, dass Guttenberg den Angriff, durch den zahlreiche Menschen verbrannt seien, zunächst als militärisch angemessen bezeichnete. "Das macht mich krank", sagte Todenhöfer erregt. Er verlangte einen "echten Friedensplan". Dazu gehörten Entwicklungshilfe - begleitet von militärischer Stabilisierung, Gespräche mit Afghanistans Nachbarstaaten und Verhandlungen mit den Taliban.

... Grund ist der Luftangriff auf zwei Tanklastzüge nahe Kundus mit zahlreichen getöteten Zivilisten.

... Grund ist der Luftangriff auf zwei Tanklastzüge nahe Kundus mit zahlreichen getöteten Zivilisten.

(Foto: dpa)

Und noch ein Politiker sitzt in der Runde. Egon Bahr, der langjährige außenpolitische Stratege der SPD und Vertraute von Willy Brandt. Der inzwischen 87-Jährige analysierte schonungslos. Die Deutschen hätten zu Beginn des internationalen Afghanistan-Einsatzes 2002 die Illusion gehabt: "Die Amis machen die Sache mit den Waffen und wir machen die Sache mit dem Aufbau und dem Frieden. De facto befinden wir uns aber in einem Krieg - den wir so nicht nennen. Doch dieser Krieg ist nicht gewinnbar."

Das hätten die Russen bei ihrem Krieg in Afghanistan eher erkannt als die internationale Gemeinschaft heute, sagt Bahr. Er mahnt, Politiker in Deutschland leisteten einen Eid auf die Verfassung, nicht auf die NATO. Wenn ihnen klar sei, dass sie in Afghanistan den falschen Weg gewählt hätten, müssten sie umkehren.

Quelle: ntv.de, Kristina Dunz, dpa

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