Dossier

Politik der demokratischen Hoffnung Hafterleichterung für Öcalan

Nach mehr als zehn Jahren Einzelhaft bekommt Abdullah Öcalan Gesellschaft.

Nach mehr als zehn Jahren Einzelhaft bekommt Abdullah Öcalan Gesellschaft.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Nach mehr als zehn Jahren in Einzelhaft auf einer türkischen Gefängnisinsel bekommt der inhaftierte Chef der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan, Gesellschaft. Zehn Stunden die Woche soll er künftig Mithäftlinge treffen dürfen. Dass die Regierung in Ankara die weitgehende Isolation Öcalans beendet und weitere Häftlinge auf die Insel verlegt, ist Teil einer Politik der demokratischen Öffnung. Damit will Regierungschef Recep Tayyip Erdogan den Kurden mehr Rechte zugestehen. Nach mehreren Jahren der Stagnation treibt Erdogan die versprochenen Reformen nun weiter voran.

Der Start eines kurdischen TV-Kanals im türkischen Staatsrundfunk TRT zum Jahreswechsel war noch ein bescheidener Anfang. "Be xer be" - gutes Gelingen - hatte Erdogan dem Sender TRT-6 in der lange verbotenen kurdischen Sprache gewünscht - ein gezielter Tabubruch. Die in Verhandlungen ausgemachte Rückkehr von acht PKK-Kämpfern aus den nordirakischen Kandil-Bergen in die Türkei vor etwa einem Monat war ein weiterer Schritt, mit dem die PKK ihrerseits den Friedenswillen der Regierung testete. Die PKK-Leute kamen nach kurzen Vernehmungen frei.

Stärkung der Rechte angekündigt

Im Parlament hat die Regierung von Erdogan Ende vergangener Woche eine weitere Stärkung der Rechte der mindestens zwölf Millionen Kurden in der Türkei angekündigt. Kurdisch soll als Sprache im politischen und öffentlichen Leben freigegeben werden. Die Regierung will zudem zweisprachige Ortsschilder erlauben. Eine neue, unabhängige Kommission soll sich mit Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierung befassen. Ein ausformulierter Gesamtplan liegt allerdings nicht vor.

Nun leitete Ankara aber die seit längerem angekündigten Hafterleichterungen für Öcalan ein, der vielen Kurden als Idol für ihren Kampf um mehr Rechte gilt. In den vergangenen Jahren war ihm einmal in der Woche Besuch von seinen Anwälten erlaubt worden, sofern nicht ein Sturm über dem Marmarameer die Überfahrt auf die Gefängnisinsel Imrali behinderte. Die Anwälte trugen seine Botschaften in die Welt und ermöglichten Öcalan damit auch, innerhalb der PKK weiter Strippen zu ziehen.

Öcalan kein Verhandlungspartner

Öcalan war nach einer Odyssee am 15. Februar 1999 in Kenia gefasst und in die Türkei gebracht worden. Syrien, von wo aus er jahrelang den Kampf gegen die Türkei organisierte, hatte er im Jahr davor verlassen müssen. Viereinhalb Monate nach der Festnahme wurde Öcalan zunächst zum Tode verurteilt. Die Todesstrafe wurde später auf internationalen Druck hin in lebenslange Haft umgewandelt.

Im August unterbreitete Öcalan der türkischen Regierung einen eigenen Friedensplan zur Lösung des Kurdenkonflikts. Als Verhandlungspartner will Erdogan den Kurdenführer aber nicht akzeptieren. Die kemalistische und die rechtsnationalistische Opposition läuft schon jetzt Sturm gegen mehr Rechte für die kurdische Volksgruppe und schürt die Angst vor einem Zerfall der Türkei. "Die demokratische Öffnung schadet dem Land nicht, sie macht es stärker", entgegnete der türkische Innenminister Besir Atalay im Parlament.

Quelle: ntv.de, Carsten Hoffmann, dpa

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