Barack Obama In der Umwelt wird er punkten
16.01.2009, 11:46 UhrFrüher oder später kommt für jeden neu gewählten Regierungschef der Punkt, an dem seine Wahlversprechen brutal auf die Frustrationen der Wirklichkeit prallen. Dann besteht die politische Kunst darin, auf einigen Gebieten genügend reformieren, um die eigenen Anhänger bei der Stange zu halten, während man sich auf anderen in die unvermeidlichen aber enttäuschenden Kompromisse fügt.
Auch für den künftigen US-Präsidenten Barack Obama wird es keine Ausnahme von dieser Regel geben. Die Erwartungen nach seinem auf "hope and change" - Hoffnung und Wandel - aufgebauten Wahlkampf wären selbst ohne die Zwänge einer schweren Wirtschaftskrise kaum in vier Jahren zu verwirklichen.
Bislang sieht es so aus, als würden Obamas radikalste Anhänger bei einer ganzen Reihe von Punkten enttäuscht werden. Zwar redet der Demokrat weiter von tiefgreifenden Umwälzungen, wie sie die USA unter Präsidenten wie Abraham Lincoln, Franklin D. Roosevelt oder Ronald Reagan erlebten. Seine Kabinettsliste mit vielen Politik-Veteranen und Washington-Insidern weist dagegen eher auf kleine Schritte hin. So will Obama zwar das Gefangenenlager Guantnamo auf Kuba schließen. Aber er hat schon deutlich gemacht, dass das juristische Spinnennetz die Insassen viel länger gefangen halten wird, als vielen lieb sein wird.
Obama braucht daher einen Bereich, auf dem er zum Ausgleich drastische, durchdringende und dauerhafte Veränderungen vorweisen kann. Allem Anschein nach wird das die Energie- und Umweltpolitik sein.
Chu: Guru der erneuerbaren Energien
Die Ernennung von Steven Chu zum neuen Energieminister ist das deutlichste Zeichen dafür. Der Nobelpreisträger tritt seit Jahren für Zwangsmaßnahmen wie Steuererhöhrungen ein, um den Energieverbrauch zu senken. Als Obama ihn offiziell vorstellte, sprach Chu von den Gefahren der Abhängigkeit vom ausländischen Öl und dem "großen und dringenden Problem des Klimawandels", das angegangenen werden müsse. Und zwar schnell: Das geplante Konjunkturprogramm Obamas mache ein hohes Tempo unvermeidlich.
Dabei ist das Energieministerium bislang eher für das Atomwaffenprogramm der USA und andere Aspekte der Kernenergie verantwortlich. Die Erforschung alternativer Brennstoffe fand mehr am Rande statt. Die Hauptarbeit auf diesem Gebiet wurde von der Umweltschutzbehörde EPA oder dem Rat für Umweltqualität im Weißen Haus erledigt. Die Nominierung Chus für den Ministerposten zeigt damit deutlich, wo die Prioritäten den neuen Präsidenten liegen.
Dass die anderen beiden Behörden auch mit Verfechtern eines Energiewandels besetzt werden sollen, lässt noch mehr darauf schließen, dass Obama bei Umwelt und Energie die radikalsten Eingriffe plant - Eingriffe, die bei der Wahl in vier Jahren seine idealistischsten Anhängern besänftigen können.
Quelle: ntv.de, John Kemp, rts