Streit mit Berlin vorprogrammiert Iran wird Obamas Problem
08.12.2008, 09:46 UhrWahl-Euphorie, Wirtschaftskrise und der Terror im indischen Bombay haben auch in den USA ein Thema an den Rand gedrängt, das den Weltfrieden 2009 massiv bedrohen kann. US-Experten wie der ehemalige Nahostbeauftragte Dennis Ross meinen, dass die iranischen Nuklearpläne die "größte außenpolitische Herausforderung" für den neuen Präsidenten Barack Obama werde. Wenige Wochen vor Obamas Amtseinführung warnen führende Politikinstitute vor der iranischen Gefahr, sehen das Land bald im Besitz von Atomwaffen.
Auch die UN-Atomenergiebehörde IAEA hält schon in einem Jahr einen erfolgreichen Nukleartest Teherans für denkbar. Er setze seine Hoffnungen auf die neue Iranpolitik Obamas, betonte IAEA-Generaldirektor Mohammed el Baradei. Währenddessen verkündet Teheran triumphierend die wachsende Menge angereicherten Urans und den erfolgreichen Test neuer Raketen. Und Israel bereitet sich der "Jerusalem Post" zufolge auf einen Präventivschlag gegen den Iran auch ohne US-Unterstützung vor.
Obama mit klarer Position
Obama hat sich eindeutig fest gelegt: "Wir können dem Iran nicht erlauben, nukleare Waffen zu bekommen." Es würde die Region massiv destabilisieren und dort einen Rüstungswettlauf auslösen, Israel - "unseren stärksten Verbündeten" - bedrohen und Terroristen den Zugang zu Atomwaffen eröffnen. "Dies ist nicht akzeptabel. Ich werde alles tun, um das zu verhindern. Und ich werde niemals die militärische Option vom Tisch nehmen", versicherte Obama im Oktober.
Mit "harter Diplomatie" will er Teheran umstimmen, unter bestimmten Umständen sogar direkt mit der iranischen Führung verhandeln. Gerade die erklärte Absicht Obamas, die iranische Führung mit friedlichen Mitteln vom Bau von Nuklearwaffen abbringen zu wollen, birgt aber nach Ansicht von Fachleuten eine besondere Sprengkraft für die deutsch-amerikanischen Beziehungen. Denn als erster absehbarer Schritt scheint eine drastische Verschärfung der wirtschaftlichen Sanktionen zu sein, die ungeachtet der zögerlichen russischen und chinesischen Position im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vom Westen allein beschlossen werden sollte.
"Ein erster Schritt muss die Verschärfung der Wirtschaftssanktionen sein", betonte Obama und verwies auf den regen Handel vieler Staaten mit dem Iran. Deutschland müsste er dabei besonders im Visier haben. Pikiert und kritisch bewerten konservative Blätter seit Tagen den nach wie vor laufenden deutschen Geschäfte mit Teheran und eine Konferenz der deutsch-iranischen Handelskammer vor kurzem in Hamburg.
Deutschland als Iranliebhaber wahrgenommen
"Deutschland liebt den Iran" kommentierte das "Wall Street Journal". Die Deutschen sorgten sich weniger um eine iranische Atombombe, als vielmehr um weitere Sanktionen. Deshalb seien in Hamburg auch Vertreter iranischer Banken wie der Bank Melli eingeladen gewesen. Die Konten der Bank hatte die EU im Juni eingefroren. Obama werde "seine deutschen Bewunderer" von schärferen Sanktionen überzeugen müssen. Kanzlerin Angela Merkel, die stets die besondere Verantwortung Deutschlands für Israel betone, habe im Fall des Irans "vor dem Druck der deutschen Exporteure kapituliert", schrieb die "Washington Times".
In der Einschätzung der iranischen Nuklear-Gefahr gibt es in den USA weniger Differenzen als über die Frage nach den Strategien. Der Präsident des "Rats für Auslandsbeziehungen", Richard Haass, plädiert für "direkte Verhandlungen ohne Vorbedingungen", auch wenn es keine "Erfolgsgarantie für Diplomatie" geben könne. Er warnt vor der militärischen Option: "Ein Angriff bringt uns etwas Zeit, wird aber das Problem nicht lösen. Er würde aber zu iranischen Vergeltungsschlägen gegen US-Einrichtungen im Irak und Afghanistan führen und zu höheren Ölpreisen."
Zweifel an diplomatischer Konfliktlösung
Andere Experten sehen eine friedliche Konfliktlösung skeptischer. "Der diplomatische Weg ist wenig aussichtsreich", meinte Peter Brookes von der Heritage Stiftung. Eine Politik der Versprechungen von Wirtschaftshilfe und Kooperation - also Zuckerbrot statt Peitsche - sei sinnlos, "weil die Atomwaffe das größte Zuckerbrot ist". Die jahrelangen Bemühungen der Europäer - Deutschland, Großbritannien, Frankreich - hätten nur bewiesen, dass Verhandlungen nichts brächten. Es sei unverständlich, dass Deutschland noch immer Kreditgarantien für Irangeschäfte übernehme.
Die Definition von Wahnsinn sei, "immer wieder das gleiche mit dem gleichen Ergebnis zu tun und es dennoch immer wieder zu wiederholen, in der Hoffnung, dass das Ergebnis einmal anders aussehen werde", lästerte Brookes über die Erfolglosigkeit der Europäer. "Im Umgang mit den Mullahs haben wir keine Politik-Analysten konsultiert, sondern Psychiater", meinte überraschend offen ein italienischer Diplomat, der Jahre in Teheran stationiert war, auf der Heritage-Veranstaltung in Washington.
Nahostexperte James Phillips warnte vor Gesprächen Obamas mit der iranischen Spitze, die das lediglich für Propaganda und als Verzögerungstaktik benutzen würde. "Dies ist ein revolutionäres islamisches Regime" und deshalb nicht an einem wirklichen Dialog und Aussöhnung mit dem "großen Satan" USA interessiert. Die einzige wirkliche "Achillesferse" des Regimes sei die Wirtschaft - falls es mit dieser, auch wegen scharfer Sanktionen, weiter bergab gehe, wäre die Herrschaft der Fundamentalisten ernsthaft gefährdet.
Laszlo Trankovits, dpa
Quelle: ntv.de